Frauen finden eher Lösungen, um Kriege zu beenden, ist US-Diplomatin Swanee Hunt überzeugt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Dass Frauen die besseren Menschen sind, würde Swanee Hunt, Ex-US-Botschafterin in Österreich, wohl nicht behaupten. Dass sie in der Friedensdiplomatie eine größere Rolle spielen sollten, sehr wohl.
"Können Frauen Kriege beenden?", war der Titel eines Vortrages, den die überzeugte Demokratin am Donnerstag im Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip) gehalten hat. Mit dem Stereotyp, dass Frauen prinzipiell friedliebend sind, kann Hunt nichts anfangen: Es gäbe genauso aggressive Frauen wie friedliebende Männer. Trotzdem gäbe es zwischen den Geschlechtern Unterschiede in der Zugangsweise.
Und Hunt stellt die Frage, ob der Krieg in Syrien, der 500.000 Tote gefordert hat, hätte verhindert werden können. Sie verweist auf eine entscheidende Episode im Weißen Haus, als 2011 die Anti-Assad-Demonstrationen in Syrien begannen. An einem Tisch gesessen seien Vizepräsident Al Gore, der US-Verteidigungsminister, der CIA-Direktor und Hillary Clinton als US-Außenministerin und einzige Frau. "Clinton sagte, wir müssten jetzt militärisch in Syrien intervenieren. Die Studenten sind auf den Straßen, wir müssen sie genau jetzt unterstützen, wir können nicht zuwarten. Die Lage wird so kompliziert werden, dass wir die einzelnen Akteure bald nicht mehr voneinander unterscheiden können", rekapituliert Hunt. "Doch die anderen sagten: ‚Nein, wir werden uns in diesen Konflikt nicht hineinziehen lassen, es ist jetzt schon zu kompliziert.‘" Clinton hat diese Auseinandersetzung verloren - "doch schauen Sie sich Syrien heute an", so Hunt.
Sicherheit Männersache?
Die Ex-Botschafterin untermauert ihre Argumente mit Anekdoten: So sei sie nach dem Fall Bagdads im Irakkrieg 2003 sofort ins Pentagon geeilt und habe sich an den verantwortlichen Offizier gewandt und gemeint: "General, genau jetzt ist der Zeitpunkt, um Iraks Frauen zum Zug kommen zu lassen. Die können Brücken bauen, die sind daran interessiert, dass es endlich Frieden gibt."
Der Offizier habe "sehr höflich und zuvorkommend" zu ihr gesagt: "Sobald wir die Sicherheit hergestellt haben, werden wir uns um die Frauenangelegenheiten kümmern." Der General, so Hunt, habe nicht verstanden, dass es ihr um die Herstellung von Sicherheit eben durch Einbeziehung von Frauen gegangen sei. "Das hat mir gezeigt, wie hart wir daran arbeiten müssen, um Stereotype aufzulösen."
Wenn es um die zahllosen Konflikte in Afrika gehe, so Hunt, habe sie sich stets die Frage gestellt, warum in den Verhandlungsteams immer nur Männer säßen. Das sei deshalb so, wäre sie von einem hochrangigen UN-Beamten belehrt worden, weil die Warlords, die die Delegationen aufstellten, keine Frauen zuließen. Und als sie gefragt habe, warum das so sei, habe sie zur Antwort bekommen, dass die Führer Angst hätten, dass Frauen Kompromisse eingehen könnten. "Bingo", so Hunt, "um das geht es doch."
"Die Warlords kommen, stellen ihre Gewehre unter den Tisch und teilen auf", erzählt die Diplomatin aus der Praxis. "Die Diamanten für den, das Bauholz für den anderen. Das nennen sie Friedensverhandlungen." Die Hälfte der so verhandelten Verträge scheitere innerhalb von fünf Jahren. "Wenn Frauen in signifikanter Zahl beteiligt sind, dann halten die Friedensverträge zu einem Drittel 15 Jahre lang."
Frauen, so Hunt, müssten eingebunden werden. So hätten Verhandler beim Versuch, einen Konflikt in Afrika zu lösen, gestritten, wem ein Fluss gehöre. Frauen, so Hunt, hätten mit der Information dienen können, dass es diesen Fluss gar nicht gibt. "Die müssen es wissen, weil sie das Wasser holen." Frauen würden weniger in Hierarchien und eher altruistisch denken - etwa an die, die von Verhandlungen ausgeschlossen wurden. "Das ist vielleicht deshalb so, weil Frauen selbst an den Rand gedrängt werden", vermutet die Ex-Botschafterin.