)
Hilfswerk Austria bereitet sich auf Einsatz in Syrien vor.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Beirut. Das Hilfswerk Austria bereitet sich auf seinen Einsatz in Syrien vor, die Generalprobe findet im Libanon statt. Hier haben mehr als 170.000 Menschen Zuflucht vor dem mörderischen Gemetzel in ihrem Land gefunden. Die Österreicher unterstützen Tausende, sichern ihre Versorgung mit einigen lebensnotwendigen Gütern.
In Syrien wird der Krieg, so scheint es, mit jedem Tag erbitterter geführt. Mehr als 40.000 Menschen sind getötet worden, die Spitäler können keine Verletzten mehr aufnehmen, viele bleiben unversorgt.
Die Österreicher wollen an Ort und Stelle helfen - und das so rasch wie möglich. "Eigentlich sollten wir schon längst in Syrien sein, doch die militärische Lage und das Chaos haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht", erklärt Heidi Burkhart, Geschäftsführerin der humanitären Organisation.
"Wir sind keine leichtsinnigen Abenteurer"
Trotzdem: Die Vorbereitungen für den großen Einsatz sind getroffen: "Wir haben zahlreiche Kontakte zu Syrern in Homs, wir sind vorbereitet", so Burkhart.
"Wir wollen zunächst im psychosozialen Bereich helfen, schauen, dass die Leute aus dem Elend herauskommen, einen geregelten Tagesablauf haben und die Kinder in die Schule gehen. Dann leisten wir humanitäre Hilfe; dann können wir erst langsam an Wiederaufbau denken." Noch ist es nicht so weit, "frühestens in sechs Monaten. Wir sind keine leichtsinnigen Abenteurer", so Burkhart.
Zuvor wird im Südlibanon, in Tibnine, Ain Ibl und Touline, geholfen. Hier, in einem von UN-Checkpoints abgeriegelten Gebiet an der Grenze zu Israel stehen zahllose geflohene syrische Familien buchstäblich vo dem Nichts.
Das Hilfswerk verteilte vorerst insgesamt 353 Matratzen und Decken an 200 Familien. Die meisten, die hier notdürftig untergekommen sind, schlafen auf der nackten Erde. Der Winter ist empfindlich kalt, "ich brauche jede Nacht mindestens vier Decken", erklärt eine Helferin. Die Geflohenen haben nicht einmal eine. Die Verteilung der Hilfsgüter erfolgt geordnet, jeder wird registriert und zieht dann freudig mit seiner Matratze und den Decken ab.
Immer mehr Flüchtlinge strömen in den Südlibanon
Immer mehr syrische Flüchtlinge strömen in den Südlibanon, weil die Lebenshaltungskosten hier im Vergleich zum Rest des Landes geringer sind.
Von der Regierung in Beirut fließt keine einzige libanesische Lira hierher, erklärt der Bürgermeister von Tibine resigniert - man ist auf sich alleine gestellt.
Ein Flüchtling hat ein fiebriges Baby im Arm, zum Arzt kann er nicht, das kostet bei Weitem zuviel. Zwölf Dollar will der Doktor pro Visite - da sind noch keine Medikamente dabei.
Und die Kinder und Jugendlichen sollten eigentlich das Recht auf Schulbildung haben, das wird zumindest von offizieller Seite versichert. In der Praxis sieht es anders aus: Weder Knirpse noch ältere Mädchen widmen sich hier dem Lesen, Schreiben, Rechnen.
"Ich muss aus Aleppo fort, sonst bin ich tot"
In Touline, wo das Hilfswerk ebenfalls Matratzen und Decken verteilt, treffen wir auf einen älteren Mann aus Aleppo, dem die Schrecken des Krieges deutlich ins Gesicht geschrieben sind. Erst will er nicht sprechen, dann erzählt er, dass er Innenarchitekt ist und aus seiner Heimat fort muss. "Sonst bin ich tot."
In seiner Wohngegend werde aus allen Rohren geschossen und zwar von beiden Seiten. Deshalb sei er hier bei seinen Schwestern. In wenigen Tagen will er aber nach Aleppo zurück, er hat dort die Verantwortung für fünf Waisenkinder, sagt er. Mit ihnen will er demnächst Syrien endgültig den Rücken kehren, - "vielleicht findet ich ja irgendwo Arbeit und kann sich über Wasser halten".
In Touline leben rund 3000 Menschen, mehr als jeder Zehnte davon ist aus Syrien geflohen. Zu Spannungen zwischen Einheimischen und Asylanten kommt es trotzdem nicht, erklärt Bürgermeister Hussein Awala. "Wir wissen, was Krieg bedeutet", sagt er.
In der Tat: Der Libanon wurde in den 70er und 80er-Jahren von einem mörderischen Bürgerkrieg heimgesucht. Jetzt ist es hier ruhig und man hilft den bedrängten Nachbarn. Wenn jemand nichts zu essen hat, findet sich immer etwas, wird von mehreren Seiten versichert. Zusätzliche Flüchtlinge kann man hier aber nicht mehr aufnehmen, sagt Bürgermeister Awala bedauernd.
Warten auf Grünes Licht vom Roten Halbmond
Für Hilfswerk-Generalsekretärin Heidi Burkhart ist mit der Aktion in Tibnine, Touline und Ain Ibl der Beweis erbracht, dass es auch in Syrien selbst klappen wird. Sie setzt auf die Zusammenarbeit mit lokalen Kräften, "die Organisation funktioniert perfekt". Noch aber steht in den Sternen, wann der Startschuss für Syrien fällt. "Wir verlassen uns auf die Risiko-Einschätzung durch den Roten Halbmond", sagt sie. "Wenn der grünes Licht gibt, starten wir."
SpendenkontoPSK 90.001.002 "Syrien"Hilfswerk Austria International