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Generation der Bastelverweigerer

Von Petra Tempfer

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Wie hieß sie noch schnell, diese Sendung, die vor mindestens hundert Jahren (oder waren es doch die 70er) auf FS2 lief? Bei der ein sehr strenger Onkel bastelnden Kindern über die hilflosen Schultern blickte, woraufhin deren zitternde Finger auch noch in Großaufnahme zu sehen waren?


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Blankes Mitleid war das Gefühl, das die meisten der kleinen Zuseher für diese empfanden. Gleichzeitig stieg die Skepsis an der Authentizität der Sendung, weil der Bastelonkel jedes Mal nach einem perfekt gesetzten Szenenschnitt - nämlich genau dann, wenn Klebstoff auf die makellose Unterlage zu tropfen drohte oder ein buntes Papierschnitzel den Boden berührte - das fehlerfrei gefertigte Endprodukt aus der Schublade zog. "Das habe ich schon vorbereitet", lautete seine Ausrede.

Dennoch lockte "Wer bastelt mit?" (so hieß die Sendung also) die Kinder vor die Bildschirme. Verzeihlich, wenn man die damals beschränkte Auswahl in punkto Kinderprogramm betrachtet. Nicht verzeihlich, wenn rund 40 Jahre danach der Sender HSE24 eine "Bastelparty" für erwachsene Zuseher veranstaltet, bei der Anrufer danach gieren, den "praktischen, handlichen Bastelkoffer" zu kaufen. Obwohl in der Sendung ebenfalls verdächtig saubere Finger mit Farben und Klebstoff aus dem Wunderding hantieren, um schließlich unvermittelt das "schon vorbereitete" 3D-Billett oder das selbst bestempelte Geschenkpapier zu präsentieren. Zu Hause muss sich der Koffer als wahres Zauberkästchen entpuppen. Denn wer glaubt tatsächlich, damit zum Bastelkönig zu werden? Vielleicht hat so ein frühkindliches Trauma also auch sein Gutes: Indem es einen auf die Frage "Wer bastelt mit?" mit sofortiger Flucht antworten lässt - und somit vor so manchem sinnlosen Einkauf bewahrt.