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Enttäuschung und Durchhalteparolen. | Neues Vorsorge-gesetz soll de facto selben Effekt haben. | Brüssel/Linz. Es war ein Rückschlag für Österreichs fortwährenden Kampf gegen die Zulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen für den Anbau. Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Donnerstag wurde das oberösterreichische Gentechnik-Verbotsgesetz endgültig beerdigt.
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Die Richter wiesen die Berufung Österreichs und Oberösterreichs ab und bestätigten damit ein abschlägiges Urteil des zweithöchsten EU-Gerichts von vor zwei Jahren. Der Instanzenzug in dem seit 2003 geführten Rechtsstreit ist damit ausgeschöpft. Und es kam nicht überraschend. Schon im Mai hatte die Generalanwältin des EuGH die Abweisung der österreichischen Klage in ihrem Gutachten empfohlen, kaum einer machte sich noch große Hoffnungen. Dennoch herrschte nach dem Urteil durchwegs Enttäuschung - gepaart mit Durchhalteparolen.
Denn immerhin gibt es in Österreich Importverbote für einige gentechnisch veränderte Feldpflanzen. Eines gilt für MON 810, die einzige derzeit in der EU für den Anbau zugelassene Genmaissorte.
Vorausschauend Gesetz erlassen
Die Importverbote konnten erst letzten Dezember mit Rückhalt einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedsstaaten gegen die EU-Kommission verteidigt werden. Und Oberösterreich hat vorausschauend im Vorjahr ein Gentechnik-Vorsorgegesetz erlassen, das den Anbau auch ohne das Verbotsgesetz behindern soll.
So muss der Anbau behördlich genehmigt und in ein öffentliches Register eingetragen werden. Der Gentechnik-Bauer wird darüber hinaus zur Einhaltung von Schutzzonen verpflichtet und haftet für allfällige Durchmischung seiner Saat mit nicht modifizierten Feldpflanzen auf Nachbarfeldern. Dieses Gesetz wurde von der EU bisher nicht beanstandet.
Ein allgemeines Verbot von Gentechnik verstoße aber schlicht gegen EU-Recht. Es könne lediglich auf der Basis von "neuem und noch nicht gesichtetem Beweismaterial" Verbote für einzelne Sorten von Genpflanzen erlaubt werden, hieß es aus der Kommission. Dabei werde der durch die - traditionell gentechnikfreundliche - Europäische Lebensmittelbehörde EFSA festgelegte wissenschaftliche Maßstab angelegt.
Umweltminister
bleibt auf Linie
Dieser Kommissionsstandpunkt wurde durch das Urteil des EuGH einzementiert. Oberösterreich hatte damit argumentiert, dass eine Koexistenz von gentechnisch verändertem Getreide und konventionell oder biologisch angebauten Pflanzen wegen der kleinteiligen Landwirtschaft schlicht unmöglich sei. Die EFSA konnte allerdings in der Argumentation der Österreicher keine neuen Erkenntnisse entdecken.
Auch die einzigartige ökologische Situation des Bundeslandes sei nicht nachgewiesen worden. Die Berufung der Österreicher stützte sich schließlich nur mehr auf Formalfehler, welche der höchste Richtersenat aber nicht sah.
Umweltminister Josef Pröll sieht trotz des Rückschlags "keinen Anlass, die gentechnikkritische Linie zu verlassen." Auch die zuständigen oberösterreichischen Landesräte Josef Stockinger (Landwirtschaft) und Rudi Anschober (Umwelt) beruhigten: Dank des Vorsorgegesetzes ändere sich de facto nichts, meinten sie.
Doch auch die Gegenseite schläft nicht. Nachdem sich die EU-Landwirtschaftminister im Juli dieses Jahres nicht mit ausreichender qualifizierter Mehrheit auf die Ablehnung des Anbaus der Generdäpfel EH92527-1 des Biotechriesen BASF einigen konnten, ist die EU-Kommission am Zug. Und die EFSA findet, EH92-527-1 könne völlig bedenkenlos angebaut werden.
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