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Gentechnik entzweit USA und Europa

Von Thomas A. Friedrich

Wissen

Weltkonferenz in Como stimmt für europäisch validierte DNA-Messmethoden. | Como. Ähnlich wie beim Kyoto-Protokoll zur Rettung des Weltklimas gibt es auch bei der Bewertung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) eine zweigeteilte Welt. Dies wurde beim 1. GVO-Welt-Analyse-Kongress in Como (Italien) erneut deutlich. Die Mehrheit der 500 Wissenschafter aus über 70 Ländern spricht sich für die europäisch validierten DNA-Analysen als Standardmethode zum Nachweis von GVO-Bestandteilen aus. Die USA hingegen beharren auch hier auf einem Sonderweg: Sie stützen sich vornehmlich auf die Proteinanalyse als GVO-Detektionsmethode, weil sie kostengünstiger und einfacher ist.


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Angesichts der prognostizierten Explosion der Weltbevölkerung von derzeit 6,6 Milliarden auf neun Milliarden bis 2050 können "nur Gensaaten bei Mais, Reis und Sojabohnen weltweit die Nahrungsmittelproduktion sichern", vertritt Chris Leaver von der Oxford University bei dem Kongress als Proanwalt das Geschäft der globalen Agro-Biotech-Unternehmen.

Im Vorfeld des vom Joint Research Center (JRC) organisierten Treffens wartet das US-Unternehmen Monsanto mit der Ankündigung der zweiten Generation herbizidresistenter Sojabohnen ab 2009 auf. Die "Roundup-Ready 2" Sojabohnen sollen Landwirten in den USA zehn Prozent höhere Erträge sichern. Die neuen Sojabohnen (MON89788) sind in der EU nicht erlaubt. Mit einer Genehmigung durch die EU-Kommission ist nicht zu rechnen. Sojaimporte als Futtermittel sind in Europa nur verkehrsfähig, wenn sie absolut frei von unbeabsichtigten Beimischungen der neuen Sojabohnen sind. Da dies in der Praxis kaum zu garantieren ist, kommt analytischen Nachweismethoden zum Auffinden von nicht autorisierten GVO entscheidende Bedeutung zu.

Alle GVO-Saaten unterliegen ab 2010 weltweit verschärften Haftungsbedingungen: Die UN-Konferenz zur Biologischen Sicherheit ergänzte im Mai in Bonn das Cartagena-Protokoll zum grenzüberschreitenden Handel mit GVO um rechtlich bindende Regeln für die Haftung und Wiedergutmachung bei Schäden an der Biodiversität. "Auch die USA müssen die Bedenken anderer Länder anerkennen", kritisiert Andreas Heissenberger vom Wiener Umweltbundesamt in Como die starre US-Haltung. Im Gegensatz zur EU, die seit 2004 eine verbindliche Etikettierung und die Rückverfolgbarkeit von GVO-Substanzen in Lebens- und Futtermitteln festgeschrieben hat, gibt es in den USA derartige Vorschriften nicht. "Die USA müssen diesen Weg ebenso beschreiten, sonst gibt es keinen Handel und ihre Agrarprodukte bleiben in der EU außen vor", sagt JRC-Generaldirektor Roland Schenkel.

China folgt EU-Linie

Die unterschiedlichen Philosophien zwischen EU und USA überschatteten auch die Como-Konferenz. Das Ansinnen, die von der EU validierten weltweit anerkannten DNA-basierten GVO-Analysen zum weltweiten Standard zu erheben, scheiterte an der US-Haltung. Im Gegensatz dazu macht sich China als großer Gen-Reis-Produzent die EU-Gesetzgebung zu eigen. Auch Japan, Malaysia und viele afrikanische Staaten folgen dem Beispiel. Die globale Wissenschaftsgemeinde in Como hofft indessen auf einen Klimawandel mit dem neuen US-Präsidenten im Weißen Haus ab 2009 - auch zugunsten einer weltweiten Harmonisierung bei den GVO-Analysemethoden.