Kommission folgt Österreichs Argumentation. | Berlakovich erfreut, fordert Umsetzung. | Brüssel. Im Streit um den Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen zeichnet sich in der EU-Kommission ein Umdenken ab. Bisher versuchte die Brüsseler Behörde regelmäßig, die österreichischen Anbauverbote zu kippen. Dabei wurde sie wiederholt von einer überwältigenden Mehrheit der Mitgliedstaaten gestoppt.
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Jetzt schrieb Kommissionspräsident José Manuel Barroso in seine "politischen Leitlinien" für die Politik der nächsten fünf Jahre einen bemerkenswerten Absatz: Als eine Möglichkeit für mehr bürgernahe Entscheidungen "müsste es beispielsweise beim Thema gentechnisch veränderte Organismen (GVO) möglich sein, den Mitgliedsstaaten die Freiheit der Entscheidung zu lassen, ob sie in ihrem Hoheitsgebiet gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen möchten oder nicht." Damit folgt Barroso überraschend der österreichischen Argumentation, die sich erst in den letzten Jahren sukzessive im Kreise der EU-Landwirtschaftsminister durchgesetzt hatte.
Voraussetzung für die Weiterverfolgung seiner Kehrtwende ist freilich seine Wiederwahl, um die er derzeit in Anhörungen vor den Fraktionen des EU-Parlaments kämpft. Morgen, Donnerstag, wird eine Vorentscheidung über die Zukunft des Portugiesen bei einer Sitzung des Parlamentspräsidenten und der Fraktionsvorsitzenden getroffen.
Erfreut zeigte sich der österreichische Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich. "Das ist der Beweis, dass man die EU mitgestalten kann, wenn man genügend Hartnäckigkeit an den Tag legt", sagte er zur "Wiener Zeitung". Er begrüße, dass seine Forderung nach Selbstbestimmung in der Gentechnikfrage nun von der EU-Kommission übernommen werde. Das habe er jetzt "schwarz auf weiß". Umgehend nach der Bildung der neuen Kommission - was spätestens Ende Jänner 2010 erwartet wird - verlange er konkrete Vorschläge zur Umsetzung der neuen Pläne von Barroso.
Dieser macht in seinem Arbeitsprogramm aber klar, dass er nicht grundsätzlich von der Zulassung von Genmais und Co abrücken will. So kündigt er ein einheitliches Zulassungsverfahren auf wissenschaftlicher Grundlage an, um GVO für den Import sowie als Futter- und Lebensmittel weiter in den Verkehr bringen zu können. Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer-Boel befürwortet mehr Freiheit der Mitgliedstaaten beim Anbau, fordert aber zugleich eine zügigere Autorisierung neuer Sorten für den Import. Diese werde durch das extrem komplizierte Verfahren oft verschleppt.