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"Gentechnik fasst bei uns nie Fuß"

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

Koexistenz mit konventionellem Anbau vorstellbar. | Eine EU-Regelung vor 2008 wäre "wünschenswert". | "Wiener Zeitung":Ab heute, Mittwoch, beschäftigt sich in Wien eine EU-Konferenz mit der Frage, wie in der Landwirtschaft gentechnisch veränderte und konventionelle Pflanzen nebeneinander existieren könnten. Mit welchem Ergebnis rechnen Sie?


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Pröll: Die Konferenz soll der Startpunkt für eine Debatte sein, die weniger von Emotionen und mehr von Sachlichkeit geprägt ist.

Wir sollten alle zu Wort kommen lassen Wissenschafter, Politiker, die EU-Kommission um festzustellen, wo wir in Europa beim Thema Gentechnik stehen. Wir sollten uns auch anschauen, wie die Frage der Koexistenz in verschiedenen Ländern geregelt ist und wie wir hier zu einer europaweiten Regelungen kommen könnten. Das wird im Mittelpunkt der Diskussionen stehen.

Wenn man eine solche Konferenz veranstaltet, impliziert das auch, dass man glaubt, dass die Koexistenz von Gentechnik und konventioneller Landwirtschaft prinzipiell möglich ist. Umweltorganisationen wie Greenpeace sind da anderer Meinung.

Es geht immer um die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen auf jene bäuerlichen Betriebe, die ohne Gentechnik arbeiten wollen. Der Schutz dieser Betriebe muss im Vordergrund stehen. Wie das gehen kann, das ist die entscheidende Frage.

Da gibt es sehr viele Wissenschafter, die sagen: "Ja, das ist organisierbar." Aber da brauchen wir in der Politik klare, verlässlich Vorgaben; etwa in der Frage der Abstände zwischen den Kulturen oder der Vorgangsweise bei der Aussaat. Solange Unsicherheiten hier nicht ausgeräumt sind, werden wir in Österreich immer auf der Bremse stehen.

Halten Sie es überhaupt für möglich, dass man diese Unsicherheiten ausräumt?

Ich denke schon. Da sind wir aber auf die Wissenschaft angewiesen. Sie soll uns die nötigen Hinweise geben. Ich denke auch, dass die Vorsorgegesetze, die wir in Österreich bereits haben mit Abstandsregelungen, zulässigen Anbauzeitpunkten und dergleichen klar in Richtung dessen gehen, was am Ende des Tages machbar ist. Aber noch einmal: Das kann nur sein, wenn der hundertprozentige Schutz der konventionellen Bauern und der Biobauern gewährt ist, sonst werden wir uns diesem Wagnis nicht hingeben.

Die EU-Kommission will europaweite Regeln für die Koexistenz von Gentechnik und konventioneller Landwirtschaft erst 2008 angehen. Könnte das aus Ihrer Sicht nicht schneller gehen?

Aus meiner Sicht muss die Kommission am Ende des Tages unumstrittene Regeln ausgearbeitet haben, die von der Wissenschaft und von den Mitgliedsstaaten auch mitgetragen werden können. Alles, was schneller ginge als 2008 wäre im Sinne der Klarheit wünschenswert. Allerdings sollten wir uns auch keinem überbordenden Zeitdruck aussetzen. Denn es gibt beim Thema Koexistenz in der Wissenschaft sehr unterschiedliche Zugänge. Und man sollte auch die Erfahrungen der Mitgliedsstaaten mit den einzelnen, nationalen und regionalen Gesetzen einfließen lassen.

Wie wird aus Ihrer Sicht die österreichische Landwirtschaft in zehn Jahren aussehen? Haben wir eine Chance, gentechnikfrei zu bleiben, oder werden wir von der internationalen Entwicklung überrollt?

Langfristig kommt uns ein ökonomisches Faktum entgegen. Gentechnik ist für eine großindustrialisierte Landwirtschaft gemacht und entfaltet dort auch ihren wirtschaftlichen Nutzen, aber sicher nicht in unseren Strukturen nicht im Bio-Bereich, und auch nicht in unserer konventionellen Landwirtschaft.

Deswegen wird die Gentechnik in Österreich nie offensiv Fuß fassen, egal, wie die Regeln letztlich aussehen werden. Sie bringt unserem Einzelbetrieb einfach nicht denselben betriebswirtschaftlichen Vorteil, den sie einem Großbetrieb in den USA bringen kann.

Andere Frage zum Abschluss: Werden Sie auch nach der Nationalratswahl noch als Landwirtschaftsminister zur Verfügung stehen, oder gibt es dafür Bedingungen, wie zum Beispiel bestimmte Koalitionsvarianten?

Ich möchte gerne auch nach der Wahl noch Landwirtschaftsminister bleiben. Die Arbeit macht mir wirklich Freude. Es hängt nicht in erster Linie von Koalitionen ab, sondern davon, wie stark die ÖVP sein wird. Meine Energie liegt jedenfalls darin, dass wir klar Erster werden.