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Paris attackiert Gentech-freundliches EU-System. | Brüssel. Österreichs kritische Haltung gegenüber gentechnisch veränderten Feldfrüchten erhält Rückendeckung vom künftigen EU-Vorsitzland Frankreich: Auf französischen Druck beschäftigen sich die EU-Umweltminister heute, Donnerstag, mit einer möglichen Neuausrichtung der EU-Gentechnikstrategie.
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Denn die künstlich mutierten Pflanzen hätten Auswirkungen auf das Ökosystem, die schwierig vorauszusehen seien, meinen die Franzosen. Vorgeschlagen wird, dass die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA künftig neben den Studien der Hersteller auch wissenschaftliche Arbeiten aus den Mitgliedsstaaten in Betracht ziehen soll, bevor sie die Mutanten bewilligt.
Bisher hat sie noch nie ein negatives Urteil abgegeben. Eine Neubewertung könnte auch bei Pflanzen erfolgen, die dank Gentechnik selbst Insektengift zur Verteidigung gegen Schädlinge produzieren. Die Pestizidkonzentration sei hier zum Teil so beträchtlich, dass sich ihre Moleküle eher mit Pflanzenschutzprodukten als mit Pflanzen vergleichen ließen. Auch die letalen Auswirkungen auf andere Tiere als Schädlinge müssten besser überprüft werden. All diese Überlegungen sollten in neue Richtlinien zur Bewertung von Genpflanzen einfließen, bevor sie bewilligt werden, so die Franzosen.
Unterstützung für Wien
Sämtliche Vorschläge aus Paris spielen Österreichs Anliegen in die Hände. Besonders, dass für "bestimmte Ökosysteme, Landwirtschaftsformen oder geographische Gebiete spezielle Maßnahmen beim GVO-Management" angedacht werden, dürfte in Wien gefallen. Denn dahinter verbirgt sich die Frage nach der Möglichkeit einer Ko-Existenz der Gentechnisch Veränderten Organismen (GVO) mit ihren natürlichen Schwesterpflanzen. Wegen seiner kleinteiligen Landwirtschaft ist Österreich Vorreiter gegen die Zulassung der Genpflanzen: Befürchtet wird die Auskreuzung mit konventionell angebauten Sorten.
Noch erwarten Diplomaten keine konkreten Ergebnisse der Diskussion. Es handle sich um eine "Aufwärmrunde" für den im Juli beginnenden EU-Vorsitz Frankreichs. Damit geht Paris auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission, die kürzlich einen verstärkten Einsatz der Gentechnik als Lösungsansatz für die Nahrungsmittelknappheit ins Spiel gebracht hatte.
Die Umweltminister haben noch andere Sorgen: So steht ein von sechs neuen Mitgliedsstaaten unterstützter ungarischer Alternativvorschlag zur Lastenverteilung bei den Klimaschutzzielen zur Debatte: Die von Budapest gewünschte Koppelung der per EU-Gesetz vorgeschriebenen nationalen CO2-Reduktionsziele an die Kyoto-Ziele würde Österreich massiv treffen. Denn den Kyoto-Zielen hinkt das Land fast 30 Prozent hinterher.