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Gentechnik ist auf dem Vormarsch

Von Regine Bohrn

Wirtschaft

USA verfügen über größte Anbaufläche. | Genmanipulierte Sojabohnen werden am meisten angebaut. | Importverbot von Gen-Futtermitteln soll gelockert werden. | Wien. Die Anbaufläche von genmanipulierten Pflanzen wächst von Jahr zu Jahr. Alleine im Vorjahr nahmen die weltweiten Flächen im Vergleich zu 2009 um zehn Prozent auf 148 Millionen Hektar zu, geht aus einem aktuellen Bericht des Gentechnik-Verbands ISAAA hervor.


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Würde man diese Flächen auf eine zusammenlegen, entspreche das in etwa der Größe der Mongolei, deren Staatsfläche rund 156 Millionen Hektar groß ist.

Weltweit 15 MillionenGentechnik-Bauern

Im Vorjahr bauten laut dem Bericht 15,4 Millionen Bauern in 29 Staaten genmanipulierte Pflanzen an. Am häufigsten ausgesät wurden dabei Sojabohnen. Ihre Anbaufläche lag bei 73,3 Millionen Hektar, gefolgt vom Mais mit 46,8 Millionen Hektar.

Mit etwas Abstand belegt Baumwolle den dritten Platz (21 Millionen Hektar) und kommt somit vor Raps mit 7 Millionen Hektar. Die größten Anbaugebiete für gentechnisch veränderte Pflanzen befinden sich in Nordamerika. Alleine die USA verfügen über Gentechnik-Ackerland von knapp 67 Millionen Hektar. Zweitgrößter Produzent ist Brasilien mit rund 25 Millionen Hektar, vor Argentinien (30 Millionen Hektar), Indien und Kanada (mit jeweils rund 9 Millionen Hektar). In Europa werden gentechnisch veränderte Pflanzen unter anderem in Spanien, Tschechien, Deutschland und der Slowakei angebaut. In Österreich ist die Aussaat von gentechnisch veränderten Pflanzen verboten, der Import von in der EU zugelassenen Futtermitteln ist aber erlaubt.

Insgesamt liegen hierzulande die jährlichen Importe bei rund 500.000 Tonnen, wobei am meisten Soja eingeführt wird, während Mais eine untergeordnete Rolle spielt. Hier sei Österreich "zum Großteil Selbstversorger", heißt es aus der Landwirtschaftskammer. Die Importe stammen aus den USA, Brasilien und Argentinien.

Die Einfuhr von gentechnisch veränderten Futtermitteln in die EU unterliegt strengen Auflagen. Importiert werden dürfen nur zugelassene gentechnisch veränderte Futtermittel.

Nulltoleranz sollabgeschafft werden

Werden bei den Importen Rückstände von nicht zugelassenen Pflanzen entdeckt, darf die Ladung nicht in die EU. Wie lange das noch so sein wird, ist aber unklar. Ein Expertengremium der 27 Mitgliedstaaten stimmte am Dienstag nämlich dafür, die bisher geltende Pflicht zu hundertprozentiger Reinheit zu kippen. Stattdessen gelte unter bestimmten Bedingungen künftig ein Grenzwert von 0,1 Prozent, so die EU-Kommission.

Frankreich und Ungarn hatten sich in dem Ausschuss dafür eingesetzt, dass die Bedingungen, unter denen Rückstände von veränderten Organismen in Futtermitteln erlaubt sind, schärfer ausfielen als von der Kommission zunächst vorgeschlagen. Die Futtermittelindustrie fordert das Aufweichen der Nulltoleranz. Sie verlangte das Abgehen vom bisherigen Gesetz, weil sonst erneut wie bereits im Jahr 2009 Schiffsladungen aus den USA oder Brasilien in europäischen Häfen abgewiesen werden müssten. Tierfutter könnte dann knapp und teuer werden, so ihr Argument.

Umweltverbände und Grüne bestreiten das aber und werfen der Kommission vor, sich von der Industrie unter Druck setzen zu lassen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace meint dazu etwa: "Die sogenannte Nulltoleranz ist damit gefallen. Das heißt, eines von tausend keimfähigen Körnern darf in Zukunft gentechnisch verändert sein und quer durch Europa transportiert werden - auch wenn keine Risikoanalyse durchgeführt wurde." Greenpeace kritisiert weiters, dass sich damit "die ohnehin schon bestehende Gefahr der unkontrollierten Verbreitung von gentechnisch veränderten Pflanzen" erhöhe. Die Grünen warnen davor, dass mit der Regelung "der schleichenden Verunreinigung der gesamten Lebensmittelkette Tür und Tor" geöffnet werde.

Die neue Regelung tritt in Kraft, wenn das Europäische Parlament dem Beschluss in den kommenden drei Monaten nicht widerspricht.