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Neue Allgemeinmediziner-Ausbildung: Umsetzung kann noch drei Jahre dauern.
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Wien. Mit 23,6 Absolventen auf 100.000 Einwohner ist Österreich Europa-Spitze. Das ist das Ergebnis einer Ärztebedarfsstudie, die am Freitag von den Ministern Alois Stöger, Karlheinz Töchterle und dem neuen Ärztekammer-Präsidenten Artur Wechselberger präsentiert wurde.
Das bedeutet, dass in Österreich zwar genug Ärzte ausgebildet werden, diese aber schlecht im Land verteilt sind, beziehungsweise immer mehr ins Ausland abwandern. Deswegen müsse der Beruf sowie auch die Ausbildung attraktiver gemacht werden. Zusätzliche Medizin-Studienplätze seien nicht notwendig, hieß es.
Zwar bringt die Studie keine herausragenden Neuigkeiten, jedoch biete sie eine wichtige Grundlage für die Sicherung des Ärztebedarfs: So betonte Töchterle die wichtige Rolle der Quotenregelung, die österreichischen Maturanten 75 Prozent der Medizin-Studienplätze garantiere. Die meisten ausländischen Absolventen würden Österreich nämlich schnell wieder verlassen. Somit ist für Töchterle die Studie ein wichtiges Argumentationsinstrument gegenüber der EU-Kommission. Schließlich hatte diese 2007 ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der Quotenregelung für fünf Jahre auf Eis gelegt. Mit November läuft das Moratorium aber aus. Töchterle habe die Studienergebnisse bereits nach Brüssel übermittelt und "positive Signale" für eine Verlängerung des Moratoriums erhalten. Damit habe man "noch eine Atempause für einige Jahre", meinte Töchterle.
"Wir administrieren zuviel"
Wechselberger sieht wiederum viele seiner Befürchtungen durch die Studie bestätigt. Er spricht von einer "dramatischen Situation", was die Besetzung von Facharztstellen an den Krankenhäusern und im niedergelassenen Bereich betrifft. Außerdem würden zu viele Mediziner für nicht ärztliche Tätigkeiten herangezogen. "Wir administrieren zu viel", kritisierte Wechselberger. Er fordert eine verpflichtende einjährige Lehrpraxis und einen sinnvollen Einsatz von Turnusärzten, die derzeit vor allem als Systemerhalter in den Spitälern genutzt würden. Auch bei der Suche nach Ausbildungsstellen gebe es zu wenig Unterstützung - "zu viele Dinge passieren in Österreich zufällig", kritisierte Wechselberger. Bei einem Durchschnittsalter von 56 Jahren wäre es aber wichtig, für genügend Ärztenachwuchs zu sorgen, so der Standesvertreter.
Stöger sieht in der Frage der räumlichen Aufteilung der Fachärzte "durchaus ein Problem". Mangel herrsche unter anderem in den Bereichen HNO, Kinderpsychiatrie, Urologie und Gynäkologie. Dem will der Minister weiter mit Mangelfachverordnungen entgegnen. Durch Personalmanagement soll weiters die Suche der Spitäler nach passendem Personal besser gesteuert werden. Und die Neuregelung für Gruppenpraxen ist für Stöger ein wichtiger Beitrag, um die Arbeit an neue Lebenskonzepte (Teilzeitmodelle) anzupassen - schließlich werde laut der Studie der Frauenanteil unter den Ärzten auf 60 Prozent steigen.
Den Fachärzten gleichgestellt
Was die Verbesserung der praktischen Ausbildung der Allgemeinmediziner betrifft, so gebe es intensive Gespräche mit der Ärztekammer. "Wir wollen die Lehrpraxis verpflichtend einzuführen. Damit geht auch eine etwas längere Ausbildung einher", so Stöger zur "Wiener Zeitung". Auf die Frage, wann das umgesetzt werden könne, meinte der Minister: "Es gibt noch ein paar Finanzierungsfragen, und wenn die geklärt sind, werden wir das umsetzen. Ich schätze, bis zu drei Jahre kann das schon noch dauern."
Bereits gesetzlich geregelt ist, dass Allgemeinmediziner Zusatzfächer belegen können. "Damit sind die Allgemeinmediziner bereits den Fachärzten gleichgestellt", betonte Stöger.