Washington - Riesig in den Berg gemeißelt sähe er sich wohl gern. Als George W. Bush kürzlich vor den 20 Meter großen Präsidentenköpfen in Mount Rushmore in South Dakota posierte, wollte er vielleicht den eigenen Anspruch demonstrieren: eine ähnliche historische Überfigur zu werden wie die Vorgänger George Washington, Thomas Jefferson, Abraham Lincoln und Theodore Roosevelt. Zwar steht fest, dass Bushs Präsidentschaft in den Geschichtsbüchern für immer mit dem 11. September 2001 verknüpft sein wird. Doch als Anti-Terror-Kämpfer stand der 43. US-Präsident nur vorübergehend als Koloss da. Ein Jahr nach den Anschlägen schrumpft er in der öffentlichen Wahrnehmung allmählich auf Normalmaß zurück.
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Nach dem 11. September hatte Bush den Kampf gegen den Terror zum "Schwerpunkt" seiner Präsidentschaft erklärt. Kommenden Generationen wolle er den "Gefallen" tun, sie vor der Geißel des Terrorismus zu bewahren. Die bisherige Bilanz des Anti-Terror-Kampfes fällt jedoch gemischt aus. Zwar gelang der Sturz des Taliban-Regimes rascher als von vielen erwartet. Doch vom mutmaßlichen Terroristenführer Osama bin Laden fehlt weiterhin jede Spur. Und auch nach anderen El-Kaida-Chefs fahnden US-Armee und -Geheimdienste bisher vergeblich.
Dahin sind Bushs Rekordhochs in den Umfragen. Zuletzt sank seine Quote von 75 auf 66 Prozent - allerdings ein immer noch deutlich überdurchschnittlicher Wert. Dennoch spiegeln die sinkenden Umfragewerte wider, dass die Zeit des Jubel-Patriotismus nach dem 11. September, in der sich Parteien und Bevölkerung geschlossen hinter dem Präsidenten versammelten, vorerst vorbei ist. Der "politische Alltag" habe Bush eingeholt, sagt der Präsidentenexperte Stephen Hess vom Brookings-Institut in Washington. Der Präsident hat seine kurzzeitige Aura der Unantastbarkeit eingebüßt, auch für das Gespött der Karikaturisten und TV-Entertainer ist er wieder freigegeben.
Zwar zeigen die Umfragen, dass Bush durchaus weiter vom Anti-Terror-Bonus zehrt. 80 Prozent bescheinigen ihm einen guten Job im Kampf gegen die Terroristen. Doch seine Wirtschaftskompetenz wird in einer Umfrage von Ende Juli mit 57 Prozent deutlich niedriger bewertet. Und dies könnte für Bush noch zu einem ernsten Problem werden. Denn die flaue Konjunktur, der stagnierende Arbeitsmarkt und die Bilanzskandale haben in den USA die Sorgen um Arbeitsplatz und Altersvorsorge in den Vordergrund und die Furcht vor neuen Anschlägen zurückgedrängt. Die Kongresswahl am 5. November wird damit für Bush zu einem echten Härtetest. Sollten die Demokraten nach dem Senat auch das Repräsentantenhaus erobern, würde das Regieren für ihn in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit wesentlich komplizierter werden.
Wenig Begeisterung vermag Bush bisher auch mit seiner Kampagne für einen neuen Krieg gegen Irak zu entfachen. Nur eine knappe Mehrheit der US-Bevölkerung befürwortet laut einer aktuellen Umfrage einen Militäreinsatz gegen Saddam Hussein. Im Kongress wird sich die Regierung nach Ende der Sommerpause weiteren kritischen Fragen stellen müssen, wie der Sturz des Machthabers in Bagdad ohne allzu große Risiken für die US-Truppen bewerkstelligt werden und wie eine neue politische Ordnung für Irak aussehen soll. Zwar zieht Bush schon seit Anfang des Jahres rhetorisch gegen Saddam Hussein zu Felde. Doch eine militärische und politische Strategie für den angekündigten Krieg hat er bisher nicht. Experten erwarten, dass sich die Bevölkerung auch im Falle eines neuen Golfkrieges erneut hinter dem Präsidenten vereinen würde, doch die Stimmung kann schnell umschlagen, wenn US-Soldaten in Särgen heimkehren. Um historische Heldenstatur zu erlangen, muss Bush also noch einen weiten und von Gefahren gesäumten Weg zurücklegen.
Die Reise nach Mount Rushmore jedenfalls kam wohl etwas verfrüht und provozierte deshalb neuen Spott über den Präsidenten. Vor der Kulisse der Präsidentenköpfe habe es einen "peinlichen Moment" gegeben, lästerte Late-Night-Talker Conan O'Brien - als sich Bush umgedreht und und gefragt habe: "Wer ist Präsident Rushmore?"