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George W. Bush zeigte Arafat die "rote Karte"

Von Herbert Winkler

Politik

Washington - Nach Wochen des Zögerns hat US-Präsident George W. Bush seine neue Position im Nahost-Konflikt bekannt gegeben. Deutlich wie nie zuvor machte er Montag Abend in Washington klar, dass er Palästinenserführer Yasser Arafat keine Zukunft in einem palästinensischen Staat gibt, für den Arafat sein Leben lang gekämpft hat. Ohne neue Führung und ohne Reformen kein palästinensischer Staat mit provisorischen Grenzen und eingeschränkter Souveränität bis zu einer endgültigen Friedenslösung, betonte Bush. Die sei bei gutem Willen aller Beteiligten in drei Jahren erreichbar.


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Sehr klar machte der Präsident auch, dass er das Ringen der beiden Nachbarn im großen Rahmen des Krieges gegen den Terrorismus sieht. Arabische Staaten hätten ihre Hilfe angeboten. Wenn sie es ernst meinten, gab er zu verstehen, müsse die Unterstützung von Hamas, Islamischer Dschihad oder Hisbollah aufhören. "Ich habe in der Vergangenheit gesagt, dass Länder im Kampf gegen den Terrorismus entweder mit uns oder gegen uns sind."

In ersten Einschätzungen waren Nahost-Beobachter sich einig darin, dass Bush erwartungsgemäß größere Milde gegenüber den Israelis als den Palästinensern walten ließ. Er forderte sie zwar zum Abzug der Streitkräfte aus den palästinensischen Gebieten und zur Einstellung des Siedlungsbaus auf, nannte aber keinen zeitlichen Rahmen. Im Falle Arafats hat er Israels Haltung voll übernommen. "Es muss eine neue Führung sein, nicht eingeschlossen die derzeitige, die durch das Herumtanzen mit den Terroristen korrumpiert ist?", wollte ein Reporter von einem hochgestellten Regierungsbeamten wissen. "Neue Führung, das war in seiner Rede sehr klar", erwiderte der Beamte.

"Der Präsident glaubte letztlich, dass es an der Zeit war, sein Programm zu erläutern, weil die jetzige Lage im Nahen Osten unhaltbar ist", sagte der hohe Beamte, "und die Dinge werden nicht besser."

Bush wollte auch offenkundig das Nahostgepäck abwerfen, bevor er sich am Mittwoch und Donnerstag im kanadischen Skiort Kananaskis (Provinz Alberta) mit den anderen Staats- und Regierungschefs der wichtigsten sieben Industrieländer und Russlands (G-8) zum Gipfel trifft.

Es wird damit gerechnet, dass sie einhellig eine Nahostkonferenz auf der Ebene der Außenminister noch in diesem Sommer unterstützen. Sie wird für September angestrebt, obwohl dies durch die jüngsten Ereignisse ungewisser geworden ist. Wann US-Außenminister Colin Powell zur Vorbereitung einer solchen Konferenz wieder in den Nahen Osten reist, ist nach Auskunft des Beamten noch unklar.

Das Wiederaufflammen der Gewalt hatte unter den Bush-Beratern die Diskussion neu belebt, ob der Präsident überhaupt einen Zeitrahmen nennen sollte. Dagegen waren nach Medienberichten die "Falken" Vizepräsident Richard Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, während Powell für einen "politischen Horizont" neben den Sicherheitsdebatten warb.

Die Rede hörte sich wie ein Kompromiss an. Seit er mit seiner programmatischen Nahostrede vom 4. April mit der Politik des "Hände weg vom Nahen Osten" brach, hat der Republikaner trotzdem eine lange Strecke zurückgelegt. Vorher wollte er sich nicht wie sein glückloser Vorgänger Bill Clinton als Vermittler die Finger verbrennen.