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Geplante Homo-Ehe spaltet Frankreich

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Protest gegen Gleichstellung dürfte Hunderttausende auf die Straße bringen.


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Paris. Sie hätte Präsident Hollandes erste gesellschaftliche Vorzeige-Reform für ein liberales und weltoffenes Frankreich werden sollen, wie er es im Wahlkampf versprochen hat: Die "Ehe für alle", neutrale Umschreibung für die gleichgeschlechtliche Ehe, die die sozialistische Regierung nach der Parlamentsdebatte Ende Jänner einführen will.

War der Widerstand konservativer und kirchlicher Kreise vorhersehbar, so glaubte Hollande die Mehrheit der Gesellschaft hinter sich. Doch die Franzosen zeigen sich tief gespalten, über Partei-, Alters- und Glaubensgrenzen hinweg. In Umfragen stellen die Befürworter der Ehe von Homosexuellen zwar die Mehrheit. Doch ihnen steht ein Bündnis von Gegnern gegenüber, die sich lautstark Gehör verschaffen und sich an diesem Sonntag zu Protestaktionen im ganzen Land versammeln wollen. Hunderttausende Teilnehmer werden in Paris und anderen Städten bei dieser "Demo für alle" - wie sie die Organisatoren als Replik auf die geplante "Ehe für alle" nennen - erwartet.

Die Galionsfigur der Gegner nennt sich Frigide Barjot - der Künstlername, der sich mit "Frigide Durchgeknallt" übersetzten lässt, ist ein humoristischer Anklang an Filmdiva Brigitte Bardot, die sich ebenfalls erbittert engagiert, allerdings für den Tierschutz. So umstritten die schrill daherkommende 50-jährige Barjot auch ist, so gelang es ihr doch, die Kritiker der Homo-Ehe als Bewegung hinter sich zu einen. Der entscheidende Beitrag kam dabei von der katholischen Kirche, die sich seit Bekanntwerden des Gesetzesprojektes massiv dagegenstellt. Während der Erzbischof von Lyon, Kardinal Philippe Barbarin, in der Homo-Ehe einen ersten Schritt zu Polygamie und Inzest sieht, erklärt der Erzbischof von Paris, Kardinal André Vingt-Trois, er werde die Demonstranten grüßen.

Auch die Mehrheit der Konservativen folgt dem Protest, einige Politiker fordern eine Volksabstimmung zur Homo-Ehe. "Es wäre weder Schande noch Schwäche, ein Projekt aufzugeben, das unser Land spaltet", schrieb Ex-Premier François Fillon in einem offenen Brief an Hollande, den er dazu aufrief, besser die Rechte für die eingetragene Lebenspartnerschaft zu erweitern. Selbst in Hollandes eigener Partei gibt es Vorbehalte gegen die Homo-Ehe, vor allem aber gegen das Recht auf Adoption oder die Möglichkeit für lesbische Frauen, mittels künstlicher Befruchtung Mütter zu werden. Schwulen- und Lesbenverbände verweisen hingegen auf elf andere Länder, die bereits die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt haben.