![Eine Illustration einer Frau mit Kopftuch.](https://media.wienerzeitung.at/f/216981/2500x1875/a87666ab3f/wz_podcast_header_fatima_storer.jpg/m/384x288/filters:quality(50))
Justizministerium: Bei "lebenslang" jetzt schon keine Tilgung. | Praktiker-Kritik an Anzeigenpflicht. | Wien. Die Forderung nach einer Strafverschärfung für Sextäter ist nicht zuletzt nach dem Amstettner Inzest-Fall laut geworden. Im Ministerrat am Mittwoch hat man sich darauf geeinigt, zusätzlich zum geplanten zweiten Gewaltschutzgesetz eine Tilgung bei "schweren Sexualdelikten" auszuschließen. Laut Innenministerium hat dies Ressortchef Günther Platter eingefordert.
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So weit, so bekannt. Der im Justizressort von Maria Berger für die Strafrechtslegislative zuständige Sektionschef Wolfgang Bogensberger erklärt nun aber, dass "hier teils etwas gefordert wird, was längst geltendes Recht ist". Denn im Strafrecht existieren bereits zwei Sexualdelikte, bei denen eine Tilgung von vornherein ausgeschlossen ist. Es sind dies die beiden mit lebenslänglicher Haft bedrohten Straftaten Vergewaltigung mit Todesfolge und sexueller Missbrauch von Unmündigen mit Todesfolge.
Ob, wie es die ÖVP fordert, mit dem neuen Gewaltschutzgesetz weitere Delikte dazukommen sollen, bei denen die Tilgung ausgeschlossen wird, will Bogensberger nicht vorhersagen. Das komme darauf an, ob noch bei anderen Delikten der Strafrahmen auf "lebenslang" erhöht wird, sagt er zur "Wiener Zeitung". Denn darauf käme es beim Tilgungsausschluss an. Und eine Erweiterung des Strafrahmens sei an die Ergebnisse der laufenden Evaluierung zur Anwendung des Sexualstrafrechts gebunden: "Diese Diskussion ist nur dann gehaltvoll, wenn man weiß, wie das bestehende Recht angewendet wird."
Verdoppelung nur bei besonders Gefährlichen
Was die geplante Erweiterung der Tilgungsfristen betrifft, präzisiert Bogensberger: Eine Sexualstraftat wird bisher 15 Jahre, nachdem die Haft abgesessen wurde, aus dem Vorstrafenregister getilgt. Jede weitere Tat innerhalb dieser Zeit verlängert die Tilgungsfrist. Im geplanten zweiten Gewaltschutzgesetz soll dem Vollzugsgericht die Möglichkeit eingeräumt werden, bei gefährlichen Tätern die Tilgungsfrist um 50 Prozent, also auf 22 Jahre und sechs Monate auszudehnen. Bei jenen, die dem Gericht besonders gefährlich scheinen, kann die Frist auf 30 Jahre verdoppelt werden.
Kritik an der ebenfalls geplanten Erweiterung der Anzeigepflicht kommt derweil von Praktikern. Monika Pinterits, Jugendanwältin in Wien, befürchtet, dass sich der Druck der Täter auf die Kinder erhöhen wird. Kinder würden dann noch weniger mit Außenstehenden über ihr Problem reden, so Pinterits im ORF.
Bogensberger meint hingegen, dass es lediglich um eine Vereinheitlichung der Anzeigepflicht in den unterschiedlichen Berufsgruppen gehe. Bereits jetzt habe jeder Arzt das Recht, möglichen Missbrauch anzuzeigen, auch bestehe kein Zwang zur "Vernaderung von Familienangehörigen".
Aus dem Platter-Büro hieß es dazu, dem Innenminister sei die Anzeigepflicht im Berger-Entwurf zuerst zu wenig konkret formuliert gewesen - "wir haben daher eine ausdrückliche Beschränkung auf konkrete Hinweise eingefordert".