Ein Gehalt während der Ausbildung bringt Sicherheit gegen einen Pflegenotstand in der Zukunft und motiviert junge Menschen.
Pflegekräfte leisten Enormes und sind einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt - und das bereits vor der Corona-Pandemie. Am Beginn der Krise wurden sie als Heldinnen und Helden beklatscht. Der Applaus ist verhallt, die Belastungen haben sich aber nicht geändert. Die Probleme in der Pflege sind dabei lange bekannt: Geistig und körperlich stark belastende Tätigkeiten treffen auf lange Arbeitszeiten unter permanentem Personalmangel. Das führt zu Frustration, Burnout und vielen Kündigungen beziehungsweise oftmaligen Jobwechseln - in der Hoffnung, in anderen Branchen bessere Arbeitsbedingungen zu finden.
Mitten in der vierten Corona-Welle verzeichnen wir eine Kündigungswelle von Pflegekräften. Verhalltes Klatschen und Dank allein waren nicht genug. Das zahlt keine Miete, das erleichtert den Arbeitstag nicht. Gerade jetzt muss die Politik handeln. Den gegenwärtigen Trend können wir uns als Gesellschaft nicht leisten.
Der Bedarf für zusätzliche Arbeitskräfte ist enorm, weil wir zum Glück immer älter werden. 460.000 Menschen sind heute in Österreich auf Pflegeleistungen angewiesen. Das ist mehr, als das Bundesland Vorarlberg Einwohner hat. Im Jahr 2050 werden 750.000 Menschen Pflegeleistungen brauchen. Darum müssen wir jetzt vorsorgen, um den Pflegenotstand zu verhindern. Dazu müssen wir junge Menschen für diesen Beruf begeistern und ihnen den roten Teppich ausrollen. Denn in den nächsten zehn Jahren werden uns 100.000 Pflegekräfte fehlen. Wenn nicht ab sofort auf Hochdruck ausgebildet wird, ist der Pflegenotstand nicht mehr zu verhindern. Die Ausbildung zur Pflegekraft muss daher nicht nur kostenfrei sein, sondern auch fair entlohnt werden. Daher schlage ich vor, dass junge Menschen, die eine Pflegeausbildung machen, ein Gehalt von 1.700 Euro bekommen, das vom Bund finanziert wird. Was für Polizeischüler gilt, soll auch für Pflegekräfte gelten. Das muss uns die soziale Sicherheit in Österreich wert sein.
Im Juli hat auch eine Allianz aus Pflegeanbietern, Arbeitgebervereinigungen, Gewerkschaft und Arbeiterkammer in einem Offenen Brief an die Regierung auf die Dringlichkeit des Pflegeproblems hingewiesen. Denn obwohl der Handlungsbedarf akut ist, hat die Regierung nichts getan. Die letzte große Pflegereform ist mittlerweile zehn Jahre her. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung, um die Ausbildung attraktiv zu machen. Mit einem Umstiegsbonus von 500 Euro pro Monat zusätzlich zum Arbeitslosengeld könnten Jobsuchende, die geeignet und interessiert sind, für eine Umschulung gewonnen werden. Wenn nur 1 Prozent der Arbeitssuchenden das Angebot annimmt, hätte man fast 5.000 zusätzliche Pflegekräfte. Die skandinavischen Länder zeigen uns den Zukunftsweg vor: Sie investieren doppelt so viel in Pflege wie Österreich.
Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.