Zum Hauptinhalt springen

Gerechte Lastenverteilung

Von Simon Rosner

Leitartikel

Ungerechtigkeiten im Hilfsprogramm lassen sich auch reparieren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

In dieser Krisensituation müssen Entscheidungen sehr rasch getroffen werden. Und zwar meist schneller, als alle möglichen Details und Auswirkungen durchgedacht werden können. Die Entscheidungen sind dadurch erratisch oder ungerecht. Aber es ist nicht die Zeit für Perfektion.

Das zeigte sich etwa auch bei der Kurzarbeit. Wäre das besser gegangen? Vermutlich, aber derartige Debatten sind jetzt vergeudet. Auch das ist ein Spezifikum dieser Tage. Es müssen ja schon die nächsten Entscheidungen getroffen werden. Viele Details im Hilfsprogramm der Regierung werden erst jetzt geklärt werden: Wie ist mit Mietverhältnissen umzugehen? Mit Krankenständen? Mit Industriebetrieben, denen wichtige Teile für die Produktion nicht geliefert werden können?

Diese Gesundheitskrise ist eine atypische Wirtschaftskrise, weil nicht die Nachfrage, sondern ganz plötzlich das Angebot weggebrochen ist, und zwar großflächig.

Die Folgen sind unterschiedlich. Ein Industriebetrieb kann eine Pause durch eine erhöhte Produktion danach vielleicht halbwegs aufholen. Eine Friseurin kann das nicht, ihre Kunden werden sich die Haare nicht dreimal kürzen lassen. Sollen also alle gleich behandelt werden?

Die ökonomischen Lasten dieser Krise werden vermutlich sehr unterschiedlich verteilt sein. Und es gibt noch ein Problem: Auch von den langfristigen Folgen werden nicht alle gleich betroffen sein. Denn wenn das öffentliche Leben zurückkehrt, kann die Friseurin wieder normal Haare waschen, schneiden und färben. Dem exportorientierten Industriebetrieb könnte aber nachhaltig die Nachfrage wegbrechen. In der Krise kann man darauf kaum Rücksicht nehmen. Man muss die Wirtschaft retten, "koste es, was es wolle". Das ist teuer, nicht effizient und führt zu Ungerechtigkeiten. Aber es ist alternativlos - jetzt.

Am Ende aber, und das ist wichtig, müssen die Lasten gerecht verteilt sein. Zwischen Kleinen und Großen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Jungen und Alten, Armen und Reichen. Man kann auch jetzt darauf achten, aber in der Geschwindigkeit wird es zu Ungerechtigkeiten kommen, weil eben nicht alles im Detail durchgerechnet werden kann. Das ist kein Beinbruch, denn es gibt auch eine Zeit danach. Es braucht wissenschaftliche Begleitung und Analyse in den kommenden Monaten sowie eine seriöse, sachliche verteilungspolitische Aufarbeitung und Debatte: Wer hat besondere Lasten getragen? Wer vielleicht weniger? Eine Ungleichverteilung der Lasten lässt sich nämlich reparieren. Die Politik hat auch alle Instrumente dafür in der Hand: Steuerpolitik, Förderungen, Gesetzgebung. Nach der Finanzkrise ist das vielerorts nicht passiert. Auch diese Lehren sollte man aus den Jahren 2008 und danach ziehen.