Betriebsräte-Konferenz zum Auftakt.
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Wien. Konflikte sind vorprogrammiert, wenn die Metallindustrie mit 172.000 Beschäftigten die Herbstlohnrunde eröffnet. Thomas Leoni vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) erwartet "einen nicht ganz reibungslosen Ablauf" und verweist auf die verfahrene Situation zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern: Die Streitigkeiten fangen bereits beim Ablauf der Verhandlungen an, denn heuer verhandelt zum zweiten Mal jeder der sechs Fachverbände auf Wunsch der Arbeitgeber getrennt. "Die ,Metallerrunde‘ ist Geschichte", betont der FMMI (Maschinen- und Metallwarenindustrie), mit 120.000 Beschäftigten und 1200 Unternehmen der größte Fachverband der Industrie.
Am heutigen Freitag nehmen die Verbände Fahrzeug, Gas und Wärme sowie Gießerei die Forderungen der Gewerkschaft entgegen, die anderen Fachverbände folgen von Montag bis Mittwoch nächster Woche. Die größte Gruppe, der FMMI, startet am Dienstag mit der Lohnrunde.
Gegen die geteilten Verhandlungen machen die Arbeitgebervertreter mobil: Sie haben für Freitag in Wien eine Konferenz einberufen, bei der 2000 Betriebsräte erwartet werden. "Wir lassen uns nicht aufspalten, und wir fordern den Erhalt des gemeinsamen einheitlichen Kollektivvertrags für die Metallindustrie in Österreich sowie ein deutliches Lohn- und Gehaltsplus für alle Beschäftigten", sagen die Verhandlungsführer auf Arbeitnehmerseite, Rainer Wimmer von der Produktionsgewerkschaft Pro-Ge und Karl Proyer von der Angestelltengewerkschaft GPA-djp.
Geringere Arbeitskosten versus höhere Kaufkraft
Ebenfalls strittig ist die Höhe der Inflation, die als Basis für das Lohnplus herangezogen wird: Die Gewerkschaft geht nach eigenen Berechnungen von 2,4 Prozent Teuerung aus, die Unternehmen von 2,1 Prozent. Das Wifo rechnet mit einer Inflation von 2,0 bis 2,4 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten vor den Lohnerhöhungen, die mit 1. November gelten. Im Vorjahr wurde eine Steigerung der Ist-Löhne von 3,0 bis 3,3 Prozent ausverhandelt.
"Der Lohnverhandlungsspielraum ist heuer nicht sehr groß", sagt Leoni. Die wirtschaftliche Situation sei in den vergangenen Monaten nicht rosig gewesen. Selbst innerhalb der Fachverbände seien die Vorzeichen unterschiedlich: In der Metallindustrie sei es besser gelaufen als im Maschinenbau. Die Arbeitgeber wollen die Arbeitskostensteigerung möglichst gering halten. Der FMMI verweist auf den harten internationalen Wettbewerb und die stürmische Zukunft. Nach Ansicht von Wifo-Chef Karl Aiginger vertragen sich allerdings hohe Löhne mit Wettbewerbsfähigkeit.
Der Abschluss der Metaller-Fachverbände hat nach wie vor eine Signalwirkung für andere Branchen. Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske pocht angesichts einer schwach wachsenden Konsumnachfrage auf einen Abschluss, der die Kaufkraft stärkt. Für die Kaufkraft in Österreich entscheidend sind laut Leoni jedoch Lohnrunden anderer Branchen mit typischerweise geringeren Lohnsteigerungen. Zu den Sorgenkindern zählen hier beispielsweise die Sozial- und Pflegeberufe, Beschäftigte in der Gastronomie und im Tourismus. Auch die steuerliche Belastung von Einkommen sei ein wichtiger Hebel für die Kaufkraft, betont Leoni.
Flexiblere Arbeitszeiten sind kein Thema in Lohnrunde
Das Reizthema Arbeitszeitflexibilisierung wird wie schon im Vorjahr in den Lohnverhandlungen ausgespart. Die Gewerkschaften hatten ihre Gesprächsbereitschaft zum Thema Arbeitszeit an die Bedingung geknüpft, dass die Metaller-Fachverbände wieder gemeinsam verhandeln. Der FMMI lehnt dies aber ab.
Nach den Metallern startet die Lohnrunde für rund eine halbe Million Beschäftigte im Handel. Im Vorjahr war das Ergebnis ein Lohnplus von 2,98 Prozent. Der Handelsverband als Interessensverband der Arbeitgeber hat diese Woche seine Wünsche deponiert: Es brauche flexiblere Arbeitszeiten, der Kollektivvertrag gehöre "entrümpelt".