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Mann hatte Freunde besucht und wurde dafür bestraft. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hob das Straferkenntnis auf.
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Private Treffen waren auch während der Corona-Ausgangsbeschränkungen, die bis Ende April in Kraft waren, erlaubt. Der öffentliche Raum durfte aus jedem Grund betreten werden. Das hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in einem aktuellen Erkenntnis ausgesprochen.
Das Verwaltungsgericht befasste sich mit dem Fall eines Mannes, der mit seiner Frau am 20. März seine Wohnung verlassen und ein befreundetes Ehepaar besucht hatte. Die Bezirkshauptmannschaft Tulln verhängte über den Mann eine Strafe von 600 Euro wegen Verstoßes gegen die Ausgangsbeschränkungsverordnung. Er habe seine Wohnung verlassen und einen öffentlichen Ort betreten, "ohne unter einen Ausnahmegrund" zu fallen. Zudem sei es verboten gewesen, das Paar in dessen Wohnung zu besuchen.
"Kein Grund notwendig"
Der Mann beschwerte sich beim Verwaltungsgericht und hatte Erfolg. Das Gericht hob das Straferkenntnis auf. "Der Aufenthalt in privaten Räumen unterlag zu keinem Zeitpunkt einem Verbot durch die gegenständliche Verordnung", so der Verwaltungsrichter. Auch habe es keinen Grund gebraucht, um den öffentlichen Raum zu betreten: "Die Verordnung sieht keine Beschränkung des Zweckes für ein Betreten des öffentlichen Ortes (. . .) vor, auch wenn medial immer nur ,Luftschnappen‘ oder ,Sport‘ als zulässig dargestellt wurden."
Auch die Bundesregierung hatte kommuniziert, dass die Wohnung nur aus bestimmten Gründen verlassen werden darf und private Feiern verboten sind. Juristen bezweifelten das und kritisierten die vielen Unklarheiten in der Verordnung. Die Behörden beharrten lange auf ihrer Ansicht. Erst wenige Tage vor Ablauf der Ausgangsbeschränkungen hielt das Sozialministerium plötzlich fest, dass private Treffen stets erlaubt gewesen sind.
Rechtsanwalt Florian Horn überrascht die Entscheidung nicht: "Ich kenne nur wenige Juristen, die diese Verordnung kritiklos hingenommen haben." Genau das sei aber ein großes Problem: "Es ist ja nicht der Sinn einer Verordnung, dass sie nur für Juristen lesbar ist." Vielmehr müsse jeder betroffene Bürger sie verstehen können. Auch Verwaltungsrechtler Peter Bußjäger kann das Erkenntnis nachvollziehen. Er erachtet es aber für sinnvoll, dass der Fall auch vor dem Verwaltungsgerichtshof landet, damit es höchstgerichtliche Judikatur zu dieser Rechtsfrage gibt. Dazu müsste die Bezirksverwaltungsbehörde nun eine außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts erheben.
Die SPÖ verlangt den Erlass aller Strafen in ähnlichen Fällen. "Ich fordere eine Generalamnestie für alle, die eine Verwaltungsstrafe für das Betreten öffentlicher Räume oder für Treffen im privaten Rahmen bekommen haben", so Justizsprecherin Selma Yildirim.