Parallel zum "Europa-Gespräch" in Wien wurde gestern der Bericht des Europäischen Parlaments über den Vertrag des Europäischen Parlaments und die Zukunft der EU im Plenum in Brüssel präsentiert und debattiert. Über diese Terminkollision erbost zeigten sich die österreichischen EU-Abgeordneten. Die "Geringschätzung" des EU-Parlaments werde dadurch verdeutlicht, so ihre Kritik.
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Die österreichische Regierung habe keine klare Position zur Reform der Union, daher wolle sie nicht mit den heimischen Europa-Abgeordneten diskutieren, kritisierte der Grüne EU-Abg. Johannes Voggenhuber. Wenig verwunderlich auch die Kritik von Hans-Peter Martin, nunmehr fraktionsloser EU-Abg. und einstiger SPÖ-EU-Spitzenkandidat: "Das ist eine Missachtung des Europäischen Parlaments". Martin ortet eine "skandalöse Geringschätzung und Ignoranz".
Selbst ÖVP-EU-Abg. Othmar Karas hielt vor österreichischen Journalisten in Brüssel mit seiner Kritik nicht hinter dem Berg: "Die Europadebatte auf nationaler Ebene kann nicht ohne die gewählten Europa-Abgeordneten stattfinden". Es dürfe "keine Parallelaktionen" geben. Aber das wäre auch "unter einer anders gefärbten Regierung passiert", glaubt Martin. "Ich bedauere die Terminkollision sehr", so Karas. Und: "Ich setze voraus, dass so etwas nicht mehr passiert".
Die Kritik der österreichischen Volksvertreter in Brüssel kommt nicht von ungefähr und reiht sich in die Debatte um die Reform der Union ein. Johannes Voggenhuber unterstellt den europäischen Staats- und Regierungschefs, "wie die Reichsfürsten" zu agieren. Dabei sei der Rat (das ist die Versammlung der Staats- und Regierungschefs) "die Schwachstelle" in der EU, findet Othmar Karas. "Das Entscheidungsverfahren in der EU ist auf den Rat reduziert und intransparent", so Karas. Die österreichische Regierung sollte sich "in neuralgischen Fragen" der EU stärker mit ihren Abgeordneten im Europa-Parlament koordinieren, wünscht sich Hannes Swoboda, Delegationsleiter der SPÖ-EU-Abgeordneten. Alles andere zeuge von "Gleichgültigkeit".