Warum die deutsche Energiewende eine Gefahr für das Wirtschaftswachstum und in weiterer Folge auch für die sozial Schwachen im Land darstellt.
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Dass sich die Deutschen vor der Atomenergie fürchten, kann man noch verstehen. Gab es doch seit 1950, dem Start der ersten AKW, einen Super-GAU in Tschernobyl mit hunderten Toten. Aber sie fürchten sich auch vor der Klimakatastrophe, dem Styroporabfall beim Abbruch wärmegedämmter Häuser, der unterirdischen CO2-Lagerung in ausgebeuteten Erdgasfeldern und Atommüll-Endlagern. Bemerkenswert gering ist die "German Angst" vor der Energiewende, der Entindustrialisierung Deutschlands, der Energiearmut von Alten und Einkommensschwachen, Blackouts im Winter und Jobverlusten.
Wir Österreicher und Schweizer können an sich relativ ruhig schlafen, wir haben ein noch unausgebautes Wasserkraftpotenzial. Strom zur Abdeckung für Bedarfsspitzen kann zu einem guten Preis verkauft werden. Wie will aber ein Land mit viel Nebel im Herbst und wenig Sonne, dafür Schnee auf Sonnenkollektoren im Winter, wenn Wärme gefragt ist, durchkommen? Und wie stellt man die Stromversorgung in kritischen Wochen ohne Sonne und Wind sicher? Die größte Gefahr sind dann Blackouts. Und dann müssen Verbrauchergruppen abgeschaltet werden, um das Netz wieder aufzubauen. Stromsparen allein wird nicht genügen, vor allem heizt nur jeder zehnte Haushalt mit Strom. Sparlampen helfen auch nichts: Die Beleuchtung macht nur 1 Prozent des Haushaltsstromverbrauchs aus.
Eine der großen Hoffnungen ist die Reduktion des Stromverbrauchs in den kommenden Jahrzehnten. Eine Kostprobe gab es in der Konjunkturkrise ab 2008. Da ist die Stromnachfrage tatsächlich gesunken, und zwar in ganz Europa, dafür sind die Arbeitslosenzahlen stark gestiegen. Kritiker des Wirtschaftswachstums behaupten seit 30 Jahren, es müsse sowieso zum Ende kommen, dann sinke auch der Stromverbrauch. Aber Gott bewahre uns vor einem Stillstand oder gar einer Schrumpfung des Wirtschaftswachstums!
Nun legen die deutschen Grünen noch eins drauf und fordern den Ausstieg aus der schmutzigen Kohle. Hat das Chancen? Nun, 40 Prozent der deutschen Medienmacher sind Grüne, und die werden schon für die energiepolitische Gleichschaltung der öffentlichen Meinung sorgen. Für die Wirtschaft ist der Preis der grünen Energie ein bedeutender Faktor. Es geht nicht nur darum, ob man Windräder off-shore errichten kann und wie der Strom zum Verbraucher kommt, sondern auch um die Kosten. Die Antwort: Subventionen. Und die schultern vorläufig die Haushalte. Aber schon wird über die Ungerechtigkeit dieser Verbilligung nachgedacht. Ob auf lange Sicht Betriebe abwandern werden, ist nicht nur eine Frage der Preise, sondern auch der sicheren Stromversorgung. Die USA werden mit ihrem billigen Schiefergas an Konkurrenzfähigkeit gewinnen, die Deutschen mit ihrem umweltfreundlichen, aber teureren Strom verlieren.
Böse Zungen behaupten, die Energiewende sei ein Befreiungsschlag der Kanzlerin gegen ihre Kritiker gewesen. Das Problem dabei: Österreichs Wirtschaft ist so eng mit der deutschen verflochten, dass wir, falls der Befreiungsschlag ein Schlag ins Wasser ist, mehr als nur einige Spritzer abbekommen werden.