"Nur zwei Schüler mit Fünfer in vier ersten Klassen." | Bessere Förderung durch mehr Lehrer. | In Mathematik am häufigsten negativ. | Wien. Skifahren, Freunde treffen oder einfach nur faulenzen: Bevor Schüler ihren Klassenräumen den Rücken kehren und sich in die Semesterferien stürzen, müssen sie noch einmal in den sauren Apfel beißen. Indem sie so lange in der Schule ausharren, bis sie ihre Schulnachricht erhalten haben. All jene Wiener Schüler, die als Erste die 2009/10 gestartete Neue Mittelschule besuchen, haben fast lückenlos Grund zum Jubeln. Denn die Direktoren verkünden einstimmig, dass heuer erstmals deutlich weniger Fünfer auf den Schulnachrichten zu finden sind.
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"In unseren vier ersten Klassen haben wir insgesamt nur zwei Schüler mit einem Nicht genügend", betont etwa Georg Waschulin, Direktor des als Neue Mittelschule geführten "BRG7-Kandlgasse" in Wien-Neubau. Im Vergleich zu den Vorjahren herausragend wenig. War doch früher nur selten eine Klasse dabei, die ohne Fünfer in die Ferien entlassen wurde. Vielleicht mit ein Grund, warum sich Waschulin "der neuen Anmeldungen kaum erwehren" kann.
Waschulins Freude über den neuen Noten-Trend wird von Helmut Dobiasch, Direktor der Neuen Mittelschule "HS/KMS-Knöllgasse" in Wien-Favoriten, geteilt. Obwohl im ersten Semester alle auf AHS-Niveau - und nicht wie bisher auf HS-Niveau - unterrichtet wurden, nahm die Zahl der Fünfer ab. "Was auch daran liegt, dass mehr AHS-reife Schüler zu uns gekommen sind", meint Dobiasch.
Lediglich drei würden künftig vermutlich auf HS-Niveau unterrichtet. Eine Aufspaltung, wie es das Modell der Neuen Mittelschule ab dem zweiten Semester erlaubt. "Aber nur, falls die Eltern einen Antrag dazu stellen", erklärt Dobiasch, "sonst werden die Kinder weiter auf AHS-Niveau geführt und können notfalls repetieren." Alle würden nach dem AHS-Lehrplan unterrichtet.
Auch in der "HS-Rappottenstein" im Bezirk Zwettl gehen dieses Jahr nur drei der 75 Erstklässler mit einem Fünfer nach Hause - laut Direktor Hermann Reichebner bedeutend weniger als in den Jahren zuvor. Er führt die Abnahme auf seine gewachsene Lehrerschaft zurück. Denn mit der Neuen Mittelschule haben auch vier Junglehrer und eine Psychologin in der Schule Einzug gehalten. Weshalb Mathematik, Deutsch und Englisch nun zu zweit unterrichtet werden.
Kleinere Lerngruppen
"Dadurch können wir die Klassen zu je 25 Schülern in kleinere Gruppen aufteilen und die Kinder fördern", sagt Reichebner. Für viele Kinder eine Chance, die in der "Vorarlberger Mittelschule Bludenz" bereits Früchte trägt. Hier hat die erste Generation der Neuen Mittelschule, die 2008/09 gestartet wurde, schon drei Semester hinter sich. "Die Schulnachrichten und das Jahreszeugnis zeigen, dass die Schüler überdurchschnittlich gut sind", betont Direktor Harald Frühwirth im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Zählt er doch zwölf Schüler in seinen vier zweiten Klassen, die mit gutem oder ausgezeichnetem Erfolg in die Semesterferien entlassen werden. "Früher waren es maximal fünf", sagt er.
Ob Mädchen oder Buben die fleißigeren Schüler sind, sei nicht erkennbar. Vergleicht man allerdings sämtliche Zeugnisse der Schüler Höherer Schulen, ist eine leichte Tendenz zum "männlichen Fünfer" zu merken, wie der Wiener Stadtschulrat-Sprecher Mathias Meißner klarstellt. "Die Buben erhalten durchschnittlich 52 Prozent aller Fünfer", präzisiert er.
Ein Nicht genügend reiht sich jährlich bei rund 20 Prozent aller Schüler Höherer Schulen in die Zeugnisnoten. Wie erfolgreich das erste Semester der Neuen Mittelschule in Wien statistisch gesehen war, lässt sich laut Meißner noch nicht sagen - der Notenschluss fand erst diese Woche statt. Tatsache sei, dass generell am häufigsten Mathematik negativ bewertet wird, gefolgt von Fremdsprachen.
Selbst wenn sich ein Fünfer unter die Noten mischt - die Semesterferien finden trotzdem statt. Die Autofahrerclubs warnen daher schon am Freitag vor Staus auf den Wiener Stadtausfahrten. Verschärft werde die Situation dadurch, dass in Teilen Deutschlands, Polens und Tschechiens ebenfalls schulfrei ist. Am Samstag rolle die Reisewelle Richtung Westen - hin zu den Skigebieten.