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Unterrichtsministerin Claudia Schmied freut sich über die Dynamik in der Gesamtschuldiskussion. Dennoch steht sie derzeit auf der Bremse. Und zwar bewusst. Denn es sind noch einige Hürden zu nehmen, um ein Schulsystem grundlegend umzugestalten - abgesehen von den gesetzlichen Vorhaben.
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Erstens müssen einmal Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Gesamtschulmodelle überhaupt erst ermöglichen: Die richtigen Schulstandorte - nicht jede Schule ist geeignet, vor allem den AHS fehlt es häufig an Raum - müssen ausgewählt werden. Es muss klar sein, ob eine innere Differenzierung nach Leistungsgruppen, wie das in den Hauptschulen praktiziert wird, erfolgt, oder ob man sich für eine individuelle Evaluierung entscheidet. Für eine wissenschaftliche Evaluierung wäre es sinnvoll, ganze Regionen zu testen: Einzelne Standorte sagen wenig über das Funktionieren aus.
Vor allem kann so der egalitäre Aspekt, der ja hinter der Gesamtschuldiskussion steht, nicht umgesetzt werden. Das Gesamtschulmodell in Deutschland schneidet unter anderem deshalb international so schlecht ab, weil es dort eben nicht flächendeckend umgesetzt wurde. Wahlfreiheit ist am Ende nicht sinnvoll, sagt auch ÖVP-Landesrätin Krista Edlinger-Ploder. Sie befindet sich damit auf SPÖ-Linie. Ihre Partei wünscht sich nämlich ein differenziertes Schulsystem.
Bis Sommer will Schmied eine internationale und interdisziplinäre Strukturkommission einsetzen. Eingebunden werden aber auch von Beginn an die Lehrer. Diese für eine Gesamtschule zu gewinnen, wird einer der härtesten Brocken. Denn auf beiden Seiten - sowohl bei den AHSals auch bei den Pflichtschullehrern - bestehen Ängste. Vor allem die AHS-Lehrer wollen auf ihr höheres Gehalt nicht verzichten.
Die neuen Pädagogischen Hochschulen (PH) lösen das Ausbildungsproblem bei den Lehrern keinesfalls. Sinnvoller wäre es gewesen, schon bei dieser Reform an die Zukunft zu denken und Pädagogen - vom Kindergarten bis zur AHS - an Universitäten mit unterschiedlichen Modulen auszubilden. Diese Standards sind international Usus. Dann wäre zumindest die Durchlässigkeit gegeben.
Ängste gibt es aber auch bei den Eltern von AHS-Schülern. Sie befürchten eine Nivellierung nach unten. Wenn allerdings Gesamtschulen so gemacht werden, dass eine individuelle Differenzierung erfolgt, sind diese Befürchtungen unbegründet, ist Reinhart Sellner, AHS-Lehrer und Unabhängiger Gewerkschafter, überzeugt. Wie sieht eine individuelle Differenzierung aus? Es gibt wesentlich kleinere Klassen. Schüler, die in einem Fach Schwierigkeiten haben, werden in einer eigenen Gruppe von einem Lehrer speziell betreut.
Das alles führt zu den Fragen, was kostet das und wer wird das bezahlen. In Wien rechnet Bildungsstadträtin Laska bei einer flächendeckenden Umsetzung mit einem Bedarf an 300 bis 500 Lehrern.