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Anwälte kritisieren Insolvenzverwalter, AvW-Prüfungstagsatzung birgt Sprengstoff.
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Klagenfurt. Die Insolvenzverfahren um das Kärntner Betrugskonglomerat AvW von Wolfgang Auer-Welsbach brechen alle Rekorde. Ging man bisher von 350 Millionen Euro Anlegerforderungen aus, so werden die Insolvenzverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg in der heutigen Prüfungstagsatzung der AvW Gruppe AG rekordverdächtige 531,18 Millionen Euro Forderungen von 8990 Gläubigern feststellen. Diese Summe bestätigte Barbara Wiesler-Hofer vom KSV1870 der "Wiener Zeitung".
Nur 28 Forderungen (429.000 Euro) betreffen keine geschädigten Anleger, sondern Lieferanten. Diese Forderungen werden anerkannt, die Ansprüche der 8962 AvW-Anlageopfer werden bestritten werden. Das bestätigte Brandl am Montag der "Wiener Zeitung". Der Grund: Für Brandl ist nach wie vor ungeklärt, ob das AvW-Genussscheinkapital nun Eigenkapital oder Fremdkapital ist. Nur in letzterem Fall haben die Anleger Chancen auf eine Quote.
"Falls es zu einer Bestreitung der Anlegerforderungen kommt, mit der Begründung, es läge angeblich Eigenkapital vor, habe ich dafür überhaupt kein Verständnis", sagt Anwalt Erich Holzinger, der rund 2000 AvW-Geschädigte vertritt. "Es gibt eine Fülle von eindeutigen Hinweisen in sachlicher und rechtlicher Hinsicht, dass es Fremdkapital ist."
Nachteile für Anleger
Laut Holzinger sei eine etwaige Bestreitung für die Anleger mehrfach nachteilig, da dadurch auch Klagen gegen andere Haftungsadressaten, wie gegen die Anlegerentschädigung der Wertpapierfirmen, verzögert werden.
Holzinger ist vor kurzem auch aus dem AvW-Gläubigerausschuss ausgeschieden, weil er mit "der Gestion" der Masseverwalter nicht einverstanden ist.
Indes will Insolvenzverwalter Brandl mithilfe des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) Musterklagen bis zum Obersten Gerichtshof durchfechten, um die offenen Rechtsfragen im Fall der AvW-Genussscheine zu klären.
"Es werden fünf oder sechs Musterklagen gemacht, aber wir können anderen Anwälten nicht ausreden, auch Klagen einzubringen", sagt Brandl. "Wir gehen davon aus, dass die Verfahren circa zwei Jahre dauern werden." Doch bei den fünf, sechs Musterklagen wird es nicht bleiben. "In den ursprünglichen Besprechungen mit den Masseverwaltern war angedacht, dass die Genussscheinforderungen anerkannt werden", sagt Anlegeranwalt Wolfgang Haslinger, der mehrere hundert AvW-Opfer vertritt. "Ich werde sicher für meine Klienten Bestreitungsklagen einbringen. Nachdem die Masseverwalter zu ihrem ursprünglichen Wort nicht gestanden sind, sehe ich keinen Anlass, ihnen entgegenzukommen." Um eine Klagswelle nach der Tagsatzung am Dienstag zu verhindern, gibt es aber eine Lösung.
"Das Gericht wird die Frist für die Einbringung der Prüfungsklagen bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Musterklagen durch den Obersten Gerichtshof verlängern", sagt Brandl.
Doch nicht alle Anleger stützen ihre Forderungen auf Fremdkapital, sondern auf Schadenersatz.
"Wir fragen uns, mit welcher Begründung sie die Schadenersatzforderungen bestreiten möchten, hier stellt sich die Frage Eigenkapital oder Fremdkapital nicht", sagt Anlegeranwalt Alexander Cabjolsky. Zugleich hegt er Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Tagsatzung. Denn: Die Anwälte Cabjolsky und Gerald Ott haben die Fusion der Insolvenzverfahren AvW Gruppe und AvW Invest (4650 Anlegerforderungen) bekämpft und Recht bekommen. Die Masseverwalter haben dagegen Rechtsmittel eingelegt. Die Zusammenlegung ist somit nicht rechtswirksam. Cabjolsky: "In den Gerichtsbeschlüssen heißt es, dass erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung eine Prüfungstagsatzung anberaumt wird."