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Geschäft und Provokation

Von Andreas Unterberger

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In den 70er und 80er Jahren gab es stets großen Jubel, wenn österreichische Politiker in den Osten reisten oder wenn Besuch von dort kam. Und immer aus dem gleichen Grund: Es waren wieder tolle Geschäfte abgeschlossen worden. Im Rückblick sah die Sache dann anders aus: Österreich hatte nämlich alles mit von Anfang an uneinbringlichen Krediten selbst bezahlt (in Wahrheit zur Rettung der schon damals maroden Verstaatlichten Industrie).


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Die guten Geschäfte, die Österreich jetzt beim Besuch Wladimir Putins bejubelt, sind anders geartet: Österreich wird sie nicht selbst bezahlen, denn es hat sie schon selbst bezahlt. Nämlich durch die gewaltigen Energie-Importe aus Russland. Insofern kann es kein böses Erwachen mehr geben. Ein solches ist jedoch dort möglich, wo man bei Verträgen von der Objektivität der russischen Justiz abhängig ist. Von Shell bis Yukos hat man schon gesehen, wie hilflos man da am Ende dastehen kann.

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Das gute Klima beim Putin-Besuch hing auch damit zusammen, dass die Menschenrechte nur sehr zaghaft angesprochen worden sind. Man musste Kritik an Russland eher hineinlesen, statt dass man sie herauslesen konnte. Was für ein Unterschied jüngst zum mutigen Auftritt Angela Merkels!

Man kann ja durchaus meinen, es sei nicht Aufgabe kleiner Staaten, Atommächte zu tadeln. Österreich hätte es aber zumindest verdient, in Schutz genommen zu werden, als Putin das Land selbst öffentlich weit konkreter attackierte, als dies jemand vice versa gewagt hatte: Er empörte sich über die Behandlung von Migranten und Afrikanern hierzulande. Auch wenn es bisweilen böse Fälle gibt, braucht sich Österreich das sicher nicht so vorwerfen zu lassen. Denn bei uns wurden im Vorjahr vergleichsweise weit mehr Asylanträge gestellt als in irgendeinem anderen Land Europas (ausgenommen die exponierten Inseln Malta und Zypern).

2006 entfielen auf tausend Österreicher 1,6 Anträge, auf tausend Deutsche 0,3, auf tausend Russen 0,0. Das beweist, dass die Asylanten hier noch immer das offenste Tor nach Europa sehen. Das mit der Ermordung dutzender Journalisten und Menschenrechtskämpfer (oder gar mit Tschetschenien) aufzurechnen, ist eine Provokation, der man eigentlich vehement hätte entgegentreten müssen.