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Wer schreibt die Geschichte? Erste Vermutungen lauteten auf Geister und Götter, dann auf Könige und Kaiser. Später glaubten wir, Geld regiere die Welt. Doch schließlich einigten wir uns, dass unsere Geschichte das Ergebnis des Zusammenwirkens unzähliger sozialer und wirtschaftlicher Strukturen ist. Denn weder hat ja, wie Bert Brecht es im Gedicht "Fragen eines lesenden Arbeiters" formulierte, Alexander Indien allein erobert noch Cäsar so die Gallier geschlagen.
Doch schon mit der Wahl Barack Obamas geriet diese Vorstellung vom begrenzten Einfluss des noch so mächtigen Einzelnen ins Wanken. Obama wurde zum Weltenbeweger stilisiert, der selbst dort Frieden stiften könne, wo seit Jahrzehnten Krieg herrscht.
Jetzt, mit Donald Trump, ist das, was bei Obama vage Hoffnung war, zur apokalyptischen Überzeugung eskaliert: Mit Trump wäre demnach die soziale, politische und wirtschaftliche Katastrophe unausweichlich, jedenfalls, wenn man die Debatte über ihn zum Maßstab nimmt.
Möglich, ausschließen lässt sich nicht einmal der Weltuntergang. Wahrscheinlich ist er aber nicht.
Sollte Trump tatsächlich jener irrationale, aller Selbstkontrolle enthobene Narziss sein, als den ihn seine Kritiker und Gegner zeichnen, dann werden die auf Selbsterhaltung ausgelegten politischen Institutionen der USA eher früher als später beginnen, den (tatsächlich beträchtlichen) Handlungsspielraum des US-Präsidenten einzugrenzen. Das kann bis hin zu einem Amtsenthebungsverfahren gehen, das manche Beobachter ohnehin für wahrscheinlich erachten.
Unterhalb dieser Schwelle kann Trump natürlich noch immer genug Schaden anrichten: Er kann falsche Kriege führen und richtige unterlassen, die Wirtschaft schädigen, Verbündete verprellen und Feinde stärken. Trump wäre nicht der erste Präsident, dem solche Fehler unterlaufen; Gewissheit über richtiges oder falsches Handeln gibt es allerdings erst im Nachhinein.
Und schlussendlich haben sowieso die Wähler das letzte Wort. Bereits bei den Midterm-Elections Ende 2018 gibt es die erste Chance, Trump und seiner Partei ein Stoppschild hinzuhalten, weitere folgen.
Die Möglichkeiten, dass ein Mann den Verlauf der Geschichte verändert, sind begrenzt. Obama kann ein Lied davon singen. Trump wird es erfahren, wenn er wirklich danach streben sollte. Doch wie gesagt: ausschließen kann man nichts.