Nachtfalter navigieren clever, halten ihre Flugbahn und berücksichtigen Windverhältnisse.
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Selbst bei ungünstigen Windverhältnissen können Insekten gerade Flugbahnen beibehalten, um an ihr Ziel zu kommen. Zudem sind sie ähnlich geschickte Langstreckenflieger wie Vögel. Das schließen Forscher nach einer Beobachtungsstudie eines Nachfalters über eine Distanz von 80 Kilometern - die längste Entfernung, die bisher bei einem Insekt in freier Wildbahn beobachtet wurde.
Insekten sind die kleinsten fliegenden Migranten der Welt. Mit Billionen von Individuen, die jedes Jahr wandern, gehören sie zudem zu den am häufigsten wandernden Tieren auf der Erde, schreiben die Forscher um Myles Menz vom Max-Planck-Institut für Tierverhalten.
Zu ihnen gehören berühmte Arten wie der Monarchfalter, aber auch Arten von enormer gesellschaftlicher Bedeutung, wie Heuschrecken, Mücken und Bienen. Obwohl die Zahl der Insektenmigranten die der bekannteren Migranten wie Vögel oder Säugetiere bei Weitem übersteigt, ist ihre Migration die am wenigsten erforschte der weiträumigen Tierbewegungen.
80 Kilometer weit verfolgt
Das Problem ist größtenteils methodischer Natur. "Die Untersuchung wandernder Insekten ist eine große Herausforderung", betont Menz. "Sie sind normalerweise zu zahlreich, um sie zu markieren und wiederzufinden, und zu klein, um Ortungsgeräte zu tragen." In der aktuellen Studie wurden einzelne Individuen von Totenkopf-Schwärmern mit Funketiketten versehen und mit einem Leichtflugzeug verfolgt.
Die Forscher ließen die markierten Falter frei und warteten auf den Beginn des Fluges. Das Team verfolgte 14 Individuen jeweils bis zu 80 Kilometer oder vier Stunden lang - eine Strecke, die lang genug ist, um als Wanderflug zu gelten. Die Insekten wurden in südwestlicher Richtung von Konstanz bis in die Alpen verfolgt, was der Route dieser Schwärmerart in Richtung Mittelmeer und Nordwestafrika entspricht.
Vieles von dem, was wir über die Migration von Insekten wissen, stammt aus Studien, bei denen Insekten zu einem einzigen Zeitpunkt erfasst wurden, etwa durch Radar oder direkte Beobachtung, was große Lücken in unseren Wissen hinterlassen hat. "Zu verstehen, was Insekten während ihrer Wanderung tun und wie sie auf das Wetter reagieren, ist eine der letzten Hürden der Migrationsforschung", betont Menz.
Die in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichten Studie bestätigt, dass diese Nachtfalterart ihre Flugbahn über weite Strecken genau einhalten können und dabei ausgeklügelte Strategien anwenden, um ungünstigen Windverhältnissen entgegenzuwirken und sie zu korrigieren. Die Ergebnisse zeigen, dass Insekten zu einer präzisen Navigation fähig sind, und bestätigen, dass ein innerer Kompass sie auf ihren langen Reisen leitet.
"Jahrelang ging man davon aus, dass es bei der Migration von Insekten vor allem darum geht, dass sie umhergeweht werden. Aber wir zeigen, dass Insekten in der Lage sind, großartige Navigatoren zu sein, die den Vögeln ebenbürtig sind, und dass sie weit weniger für Windbedingungen anfällig sind, als wir dachten", erklärt Menz.
Flugverhalten im Detail
"Indem wir zeigen, dass es technisch möglich ist, einzelne Insekten während ihrer Wanderung kontinuierlich zu überwachen und ihr Flugverhalten im Detail zu beobachten, hoffen wir, weitere Studien anzuregen, um viele weitere wichtige Fragen in diesem Bereich zu beantworten."
Für die Studienautoren besteht nun der nächste Schritt darin, die Frage zu beantworten, wie die Nachtfalter in der Lage sind, solche geraden Linien zu halten.