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Geschlecht egal, Einheit des Paares ist wichtiger

Von Thomas Borchert

Wissen

Wider die Natur? 1500 Tierarten lieben gleichgeschlechtlich. | Oslo. (dpa) Schwule Grauwal-Männchen beim Liebesspiel und lesbische Schimpansen-Damen präsentiert das Naturhistorische Museum in Oslo. "Wider die Natur?" heißt die international viel beachtete Ausstellung über Homosexualität bei Tieren und die Zoologen beantworten diese Frage mit einem ebenso klaren wie unbefangenen "Nein".


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"Gleichgeschlechtliche Liebe ist unter mehr als 1500 Tierarten nachgewiesen. Die Wissenschaft hat das nur früher immer schamhaft verschwiegen", sagt Petter Bøckman bei der Vorführung der "eindeutigen" Fotos, Modelle, ausgestopften Tiere und erläuternden Texte. Viele Besucher verharren beim Foto der schmusenden KillerwalMännchen oder unter dem schwebenden Modell der Delfin-Dame, die das Geschlechtsorgan ihrer Partnerin zärtlich mit der Schnauze stimuliert. Dass Tiere Sex nur zu Zwecken der Fortpflanzung betrieben, sei kompletter Unsinn. "Wir wissen ja nicht, was sie denken. Aber es ist wohl eindeutig, dass all das hier viel mit Spaß zu tun hat."

Und die gleichgeschlechtliche Orientierung hat nicht unbedingt in erster Linie etwas mit Sex zu tun. Schwäne seien ihrem Partner ein Leben lang treu, auch nach dessen Tod, erzählt Bøckman, lesbische Weibchen ebenso wie schwule Männchen oder Heterosexuelle. "Das Paar ist die zentrale Einheit. Viel wichtiger als alles andere einschließlich des sexuellen Aktes."

Wenn er Schüler durch die Schau führe, seien diese immer "baff", wie stark gleichgeschlechtliche Liebe unter Tieren verbreitet sei. 80 Prozent der Zwergschimpansen seien bisexuell. Unter Pinguinen haben Forscher zehn Prozent homosexueller Paare ausgemacht, die auch kleine Pinguin-Waisen ungeachtet des Geschlechtes adoptieren. Bei Vaterschaftstests in einer Möwenkolonie ermittelten verblüffte Zoologen eher zufällig, dass 20 Prozent der Paare dasselbe Geschlecht hatten. Bei Zwergkakadus soll die Schwulen-Quote 40 Prozent betragen.

Wie machen es die Igel?

Man wolle mit der Ausstellung "um Himmels Willen nicht moralisieren", sagt der Zoologe. Die Idee war seinem Museumskollegen Geir Søli gekommen, als er einen Pfarrer im Rundfunk über das angeblich Widernatürliche von Homosexualität unter Menschen reden hörte. Wie könne etwas gegen die Natur sein, was so oft im Tierreich vorkomme?

Junge Besucher stellten dabei allerdings vor allem technisch orientierte Fragen: "Wie machen es die schwulen Igel?" Das sei noch nicht ausreichend untersucht, antwortet Zoologe Bøckman lachend. Eine Kollegin von ihm beobachte aber im Feldversuch gerade ein männliches Stacheltier, das "immer nur hinter anderen Männern her ist".

Information im Internet: www.nhm.uio.no/againstnature