Viele der Meeresgiganten sind kleiner als bisher angenommen.
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Santa Fe/Wien. Wie gigantisch Meeresgiganten tatsächlich sind, war bis dato offenbar nicht so klar, wie man meinen könnte. Unrealistisch wirkende Größenangaben brachten Forscher auf die Idee, Blauwal, Riesenkrake und Co. einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Und tatsächlich scheint in Aufzeichnungen und damit auch Lehrbüchern übertrieben worden zu sein.
Das internationale Forscherteam verglich die bekannten Größenangaben von insgesamt 25 Arten der Meeresgiganten mit verschiedenen Datenbanken und auch historischen Aufzeichnungen und brachte erstaunliche Ergebnisse zutage, wie sie im Fachblatt "PeerJ" berichten.
Größer nicht immer besser
"Schon vor einigen Jahren fiel mir auf, dass Leute immer wieder behaupteten, dass der Riesenkalmar eine Länge von 19 Metern erreicht - das ist erstaunlich lang", erklärt der Meeresbiologe und Studienautor Craig McClain vom US-amerikanischen National Evolutionary Synthesis Center in Durham in dem Journal. "Als ich begann, die Daten zu durchforsten, fand ich heraus, dass diese Angaben sehr unrealistisch waren." Tatsächlich erreicht der Riesenkalmar nur eine Länge von zwölf Metern - ein immerhin sieben Meter langer Irrtum.
McClain hat dafür allerdings auch eine Erklärung parat: Denn wenn Riesenkalmare verwesen, dann lockert und dehnt sich die Muskulatur der Tiere. Dies könnte zur Verfälschung beigetragen haben.
Diese Erklärung würde allerdings nur auf den Riesenkalmar zutreffen. Und doch verlor auch etwa der größte bekannte Fisch, der Walhai, durch die Arbeit der Wissenschafter immerhin noch 2,5 Meter seiner bisher angenommenen Gesamtlänge. Beim Weißen Hai ist es ein Verlust von einem Meter.
Neben der Durchforstung von Datenbanken und historischen Aufzeichnungen gingen die Forscher auch noch einen Schritt weiter. Sie verglichen Exponate in unterschiedlichen Museen, sprachen mit anderen Wissenschaftern und Sammlern und durchsuchten das Online-Auktionshaus eBay nach verkäuflichen Exemplaren, berichtet McClain.
Meghan Balk, Biologin an der University of New Mexico, erforschte den See-Elefanten und einige Haiarten. Sie findet es erstaunlich, wie unterschiedlich die Größe innerhalb einer Spezies variieren kann. Alleine die Entwicklung von der Geburt bis zum ausgewachsenen Tier bringe eine Vielzahl an Größen mit sich.
Balk kommt zu dem Ergebnis: Größer ist nicht immer besser. Denn die grundsätzliche Frage laute, wie nützlich es sei, groß zu sein. Ist etwa ein Mensch besonders groß, wie etwa der im jungen Alter von 22 Jahren im Jahr 1940 verstorbene Robert Wadlow, der bisher größte seiner Art mit 2,72 Metern Körpergröße, würden nicht selten gesundheitliche Probleme auftreten.
Als massiver Vorteil entpuppt sich die Größe hingegen bei Blauwalen und Walhaien. Geht ihnen in ihrem Habitat nämlich das Futter aus, ermöglicht es ihnen ihre Masse, längere Strecken durchzuhalten, um in planktonreichere Gewässer abzuwandern. Die Größe beziehungsweise das Gewicht lässt die Wissenschafter auch wissen, wie hoch der tägliche Energieverbrauch eines solchen Tieres sein muss.
Open Access gefordert
Einen besonderen Stellenwert für dieses Forschungsprojekt haben soziale Medien eingenommen. Craig McClain erstellte dafür eine eigene Website - www.storyofsize.com -, auf der er regelmäßig über seine wissenschaftliche Arbeit postete. Die Studenten wiederum bewarben ihre Forschung, indem sie ihre eigenen Eindrücke teilten. Fragestellungen, wie etwa "Wer würde den Kampf gewinnen? Der Riesenhai oder der Riesenkalmar?", gaben dem wissenschaftlichen Diskurs einen spielerischen Hauch und machten das Projekt damit für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich.
Ko-Autorin Catherine Chen von der Duke University fordert deshalb auch zur Erleichterung der wissenschaftlichen Arbeit einen umfangreicheren öffentlichen Zugang zu Forschungsdaten und -arbeiten ein. Das Wissenschafterteam hofft, mit seiner Arbeit einen Beitrag leisten zu können, um Open Access weiter voranzutreiben. "Eine Menge an Fragen sind nach wie vor unbeantwortet - entweder, weil wir noch keine Forschungen dazu oder eben einen Mangel an Zugangsmöglichkeiten zu Daten haben", kritisiert Meghan Balk die derzeitige Situation.