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Geschwätzige Stromzähler

Von Peter Holubar

Gastkommentare
Peter Holubar ist

Smart Meter liefern den Netzbetreibern und Energieversorgern wichtige Kundendaten. EU-Datenschützer sind darüber besorgt.


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Ende Juli 2012 brachen in halb Indien die Stromnetze zusammen, ein zweitägiges Black-out war die Folge. Die desolate Infrastruktur Indiens bedroht substanziell die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Auch in Europa gab es bereits großflächige Stromausfälle. Im Juli 2011 waren im Großraum Hannover rund 650.000 Menschen betroffen. Nun sollen intelligente Strom- und Gasnetze ("Smart Grids") die Energie optimal zwischen Erzeugern und Verbrauchern verteilen und so die Gefahr eines Ausfalls verringern. Eine Komponente dieser Systeme sind "Smart Meter". Sie zählen den Verbrauch an Erdgas oder an elektrischer Energie direkt beim Endkunden.

In der Kommunikation allerdings sind sie den bekannten Strom- und Gaszählern weit voraus. Die Geräte können per Funk mit bis zu vier anderen Geräten kommunizieren, Daten austauschen und diese über die Netzbetreiber an die Energieversorger weitergeben. Die Verbrauchsdaten werden zumindest alle 15 Minuten erhoben und sowohl im Zähler als auch beim Netzbetreiber und Energieversorger monatelang gespeichert. Da die Kommunikation in beide Richtungen erfolgt, kann etwa der Strom eines Haushaltes vom Netzbetreiber per Knopfdruck ein- oder ausgeschaltet werden.

Datenschützer, wie der stellvertretende Europäische Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli, befürchten, dass die gespeicherten Verbraucherprofile weit mehr als den Energieverbrauch erfassen werden, wenn nicht dagegen angemessene Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Buttarelli ruft die EU-Kommission dazu auf, zu evaluieren, ob weitere Gesetzgebungsmaßnahmen auf EU-Ebene notwendig sind, um ein angemessenes Datenschutzniveau bei der Einführung intelligenter Messsysteme zu gewährleisten.

In Österreich hält der Vorstand der Energie-Control, Walter Boltz, fest: "Ohne smarte Technologien ist die Energiewende nicht möglich."

Für die österreichischen Konsumenten sieht die Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers in einer Studie aus dem Jahr 2010 mögliche Einsparungen durch intelligente Zähler beim Strom von 3,5 Prozent beziehungsweise beim Gas von 7 Prozent. Voraussetzung dafür sind allerdings Verhaltensänderungen im Energieverbrauch der Haushalte.

Manche der vorhergesagten Einsparungen bedeuten für die Haushalte zuerst Investitionen. Etwa in eine "smarte" Waschmaschine, die mit dem "Smart Meter" kommunizieren kann und sich dann einschaltet, wenn der Strompreis gerade günstig ist. Die Regulatoren hoffen auf Preisvorteile für die Konsumenten durch einen erleichterten Wechsel der Energieanbieter. Dies wird durch die "Smart Meter" angeblich erleichtert.

Wie die "Wiener Zeitung" bereits berichtet hat, laufen auch heimische Interessensvertretungen, wie die Arbeiterkammer und die Mietervereinigung, gegen diese geschwätzigen Energiezähler Sturm. Die Autoren einer Schweizer Studie im Auftrag des Bundesamts für Energie sind im Juni jedenfalls zu dem Schluss gekommen: "‚Smart Meter‘ sind keine Voraussetzung für ein ‚Smart Grid‘!"