Zum Hauptinhalt springen

Gesellschaft braucht Sozialberufe

Von Beatrix Neiss

Politik

Die Gesellschaft wird älter. Daraus entsteht die Notwendigkeit, Anreize für Sozialberufe zu schaffen, neue Ausbildungsformen mit zeitgerechten Inhalten zu versehen, sowie bestehende Berufsbilder marktgerecht zu positionieren. Diesen Fragen ging die "Wiener Zeitung" in einem Gespräch mit Wolfgang Mandl, Leiter des Ausbildungszentrums der Caritas, Wien IX, nach.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wolfgang Mandl ist Jurist und Pädagoge. Diese Ausbildungen umfassen einen Spannungsbogen per se und damit ist die ideale Voraussetzung geschaffen, um das "Ausbildungszentrum Seegasse" der Caritas zu führen. Als Jurist erklärt Mandl die Grundlage für die Errichtung einer Privatschule. "Es ist im Sinne des Grundrechtes der Freiheit von Lehre und Forschung, dass jeder in Österreich, unter gewissen Rahmenbedingungen, eine Privatschule gründen kann". Eine Privatschule muss aber noch lange kein Öffentlichkeitsrecht besitzen. Dies wird durch Antrag und Bescheid, von der Bundesbehörde erteilt und untersteht der Aufsicht des Stadtschulrates. Wird ein Öffentlichkeitsrecht gegeben, ist die Schule ident mit allen anderen Schulen des Bundes bzw. des Landes - so fasst der Jurist die Gesetzeslage zusammen.

Weiters seien im Falle des "Ausbildungszentrums Seegasse" die LehrerInnen Bundesbedienstete und von dort werden sie auch besoldet. Die Vorteile, die sich für eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht ergeben, sei, dass "laut Privatschulgesetz, also § 19Abs 3, LehrerInnen, die gewisse formale Aufnahmebedingungen zum Unterrichten nicht erfüllen, aber fachlich eine unabdingbare Notwendigkeit für den Schulleiter darstellen, trotzdem aufgenommen werden können." Laut Wolfgang Mandl stellt dies ein gewisses Privileg zu anderen Schulformen dar.

Ausbildung in Sozialberufen mit Praktikumserfahrung

Was bietet nun das "Ausbildungszentrum Seegasse" für Möglichkeiten? Das Spektrum reicht vom Lehrgang für Heimhilfe, den jeweiligen Fachschulen für Familien- und Pflegehilfe, Sozialberufe, Altendienste und Pflegehilfe, bis hin zum Schulversuch "Sozialmanagement" an der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe.

Um die verschiedenen Ausbildungszweige zu belegen, gelten verschiedene Altersvoraussetzungen: Fachschule für Sozialberufe ab 14, Fachschule für Familien- und Pflegehilfe ab 17 Jahren, Lehranstalt für Heilpädagogische Berufe ab 18 Jahren, Fachschule für Altendienste und Pflegehilfe ab 19 Jahren, Lehrgang für Heimhilfe ab 19 Jahren. Grundsätzlich wird die Aufnahme von einem Eignungstest bzw. einem persönlichen Gespräch abhängig gemacht, indem sowohl die Ausbildungsmotivation als auch die gesamte Persönlichkeit zum Tragen kommt. "Für den Sozialberuf ist nicht nur eine soziale Einstellung notwendig, sondern auch die Fähigkeit, sich gut abzugrenzen, damit man den anderen wirklich unbeschädigt helfen kann."

Sowohl die Lehrgänge als auch die Regelschule werden durch etwa gleiche Anzahl von Praktikastunden begleitet. Die Lehrenden unterliegen einer Supervision und Qualitätskontrolle. Das monatliche Schulgeld ist pro Ausbildungszweig unterschiedlich gestaffelt und reicht von rund 50 Euro bis ca. 140 Euro. Der Fächerkanon richtet sich grundsätzlich nach dem Rahmenlehrplan für wirtschaftskundliche mittlere und höhere Schulen, unter besonderer Berücksichtigung der ausbildungsspezifischen Fächer.

Im Studium werden die Studierenden unter dem Aspekt ihres so genannten EQ's - des individuellen, emotionalen Quotienten - gefördert. Dazu dienen projektübergreifende Teamarbeiten, wobei die soziale Kompetenz sowie das persönliche Engagement "fast automatisch angesprochen werden." Die AbsolventInnen des Ausbildungszentrums sind in der Folge sowohl im selbständigen Bereich zu finden, als auch in sozialen Institutionen - vorwiegend im Umfeld der Caritas. Neu dazugekommen ist der Ausbildungszweig zum "Sozialmanager", der die wirtschaftliche Fachausbildung mit der sozialen kombiniert. "Vor Jahren haben wir bereits dieses curriculum erarbeitet. Aber erst jetzt ist es gesellschaftspolitisch umsetzbar geworden." betont Wolfgang Mandl die Wichtigkeit dieses Ausbildungszweiges für die Studierenden und den Markt.

Sozialmanager beginnen bald Arbeit in der Wirtschaft

Die angehenden Sozialmanager werden bereits in nächster Zukunft ihre soziale Kompetenz zusammen mit dem fundierten wirtschaftlich-technischen Know-how - in Schlüsselfunktionen der Wirtschaft - unter Beweis stellen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie sich für ein Miteinander einsetzen, wo der Wert des einzelnen genauso hoch eingeschätzt wird, wie die Leistung der Gemeinschaft. "Es wird Zeit, dass der Sozialberuf ein angesehener wird, mit Herz, Hirn und Bauch" resümiert Wolfgang Mandl seinen Wunsch für die Zukunft.

Kontakt: Caritas-Ausbildungszentrum Seegasse; Tel: 01/317 21-06; ausbildungszentrum-seegasse@caritas-wien.at; http://www.caritas-wien.or.at/caritas