![Eine Illustration einer Frau mit Kopftuch.](https://media.wienerzeitung.at/f/216981/2500x1875/a87666ab3f/wz_podcast_header_fatima_storer.jpg/m/384x288/filters:quality(50))
Krieg war und ist "in" - ein Faszinosum sondergleichen. Krieg wird nicht nur der Vater aller Dinge genannt, er liefert die größten Geschäfte und Profite, er erzwingt und animiert zu Hochleistungen in der wissenschaftlichen Forschung, er ist der Taktgeber technischer Entwicklungen. Seit jeher üben sich Gesellschaften, die etwas auf sich halten, in der Schulung adäquaten Kriegsdenkens. Die Sprache ist durchsetzt mit Ausdrücken und Begriffen aus den Kriegsbereichen.
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Kriege sind keine Naturgewalten. Sie sind humane, soziale Handlungen, die intendiert gesetzt werden. Viele Kriege werden als "Verteidigung" begründet, legitimiert und begrüßt, neuerdings ist den religiösen Gottesfürchtigen der "Heilige Krieg" recht, ihr Morden und Abschlachten in einen heiligen Mantel zu hüllen. Krieg ist, nicht zuletzt, die erwünschte Ausnahmesituation, wo bisheriges Recht und bisherige Ordnung nicht mehr gelten, wo plötzlich Verhaltensweisen, die zuvor verpönt waren oder unter Strafandrohung standen, akzeptiert und willkommen geheißen werden, ja sogar prämiert und mit Auszeichnungen belobigt werden.
Auf der anderen Seite gibt es eine Erinnerungspolitik, die anempfiehlt oder vorschreibt, wessen wie zu gedenken ist. Rituale werden gepflegt. Es gibt ja so viel zu gedenken. Manchmal auch zu feiern. Ganz selten zu betrauern. Vielerorts werden elende, blutige Schlachten als "historische" nachgestellt. Bei uns in Österreich vor allem an der March. Das ist eine Gaudi! Da kann man Geschichte fast hautnah erleben: Wie sie aufmarschieren, die Soldaten, wie sie gehorsam ihr Tötungshandwerk absolvieren, wie sie Töten üben, bis sie selber draufgehen. In Frankreich gibt es ähnlichen Klamauk, auch in Italien und Spanien, und sogar die kühlen Engländer wissen stilgerecht Krieg zu inszenieren, wenn ihre Truppen sich nicht gerade in einem realen verausgaben.
Die Geschichtspflege in dieser dumm klischierten Form tut ihr Übriges, falsche Bilder in die hohlen Köpfe Unterhaltungssüchtiger zu stopfen. Zudem geht es um lokale Wirtschaft und sanften Tourismus. Also her mit dem Schlachtentourismus!
In diesem Lichte versteht man, weshalb die Wehrsportertüchtigungen von Leuten wie HC Strache nie geahndet wurden. Sie trafen, zumindest hinter der Hand, auf tiefes Verstehen. Es ging ja um Ertüchtigung, um das rechte Verhältnis zum Krieg. Die beste Verbindung zum Krieg läuft über den Sport. Na also!
Nicht zuletzt die Wirtschaft und die Eigentumsrechte stellen einen Bestandteil von Krieg dar. Sie geben den Rahmen, das Rüstzeug für die Verteilung oder Nichtverteilung. Sie diktieren Interventionen. Der kontrollierte Markt, das kontrollierte Finanzsystem sichert den Krieg, gewährleistet den Kriegsprofit.
Kein Krieg bricht einfach aus. Krieg wird gemacht. Auch von Europa, von vielen Staaten in der EU. Krieg ist nie unmodern geworden. Solange wir aber Kriegsspiele harmlos finden, dürfen wir nicht erwarten, dass das "große Spiel" verhindert werden kann.
Haimo L. Handl ist Politik- und Kommunikationswissenschafter.
"Kriege sind keine
Naturgewalten. Sie sind humane, soziale Handlungen, die intendiert gesetzt werden."