Nichts wird’s aus einem leichten Anspringen der Konjunktur, die Prognosen wurden drastisch nach unten korrigiert.
Wien. Der Sommer geht und mit ihm auch der Optimismus, den die Wirtschaftsforscher noch im Juni versprüht hatten. Eh in gedämpfter Form, denn ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent wie im Sommer prognostiziert, ist nicht berauschend. Nun dürfte es für das Jahr 2014 aber nicht einmal das geben, die Institute Wifo und IHS korrigierten ihre Vorhersagen deutlich nach unten auf ein Wachstum von 0,8 Prozent.
Für das laufende Budget sei das kein Problem, versichert das Finanzministerium. Es werde eine "Punktlandung" geben, da man vorsichtig genug kalkuliert habe, sagt ein Sprecher. Ein wirklich positiver Budgetvollzug wie in den Vorjahren wird es diesmal aber nicht werden, und für 2015 ist ein Nachbesserungsbedarf sehr wahrscheinlich. Wifo und IHS reduzierten auch ihre Prognosen für das kommende Jahr in zwar etwas geringerem, aber dennoch signifikantem Ausmaß.
Die deutliche Anpassung der Erwartungen erklären Wifo-Chef Karl Aiginger und IHS-Direktor Christian Keuschnigg vor allem damit, dass sich seit Juni nur negative Risiken realisiert hätten, positive Überraschungen wären dagegen ausgeblieben. Der Ausblick für die Eurozone ist nun, im Herbst, deutlich schlechter als noch im Sommer, und das wirkt auch nach Österreich.
Es sind eben gegenwärtig recht wilde Zeiten für die Welt und ihre Wirtschaft, entsprechend schwieriger ist auch die Vorhersage geworden, wie Stefan Schiman vom Wifo bestätigt. So bilden die Modelle beispielsweise nicht die Verschuldung von Privaten und Unternehmen ab, und können sie auch nicht, jedoch spielt die Verschuldung eine wesentliche Rolle für Konsum und Investitionen.
In ruhigeren Zeiten hätte die Niedrigzinspolitik womöglich die privaten und unternehmerischen Ausgaben längst angeschoben, doch in Österreich bewegt sich in dieser Hinsicht wenig. "Die Investitionen sind die größte Enttäuschung", sagt Aiginger. Hier hatte das Wifo im Juni noch ein Plus von 2,5 Prozent erwartet, dieses nun jedoch auf 0,9 Prozent reduziert. Dabei hatten sich Stimmungsindikatoren kontinuierlich verbessert, viele Betriebe gaben auch an, investieren zu wollen. Doch das Gegenteil passierte.
Den Grund für die Zurückhaltung orten die Wirtschaftsforscher vor allem in der allgemeinen Unsicherheit: die Krise in der Ukraine, Sanktionen gegen Russland, die neue EU-Kommission und speziell in Österreich eine "Politikpause", wie Aiginger sagt.
Unsicherheit lähmt die Konjunktur, und doch steckt in ihr auch immer ein wenig Hoffnung. Der neue Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker plant Investitionsprojekte um 300 Milliarden Euro, bald werden er und sein Team ihre Arbeit aufnehmen, und in Österreich hat sich die Regierung auch gerade wieder einen neuen Anstrich verpasst.
Rasche Reformen
Ende kommende Woche wird die neu formierte Regierung erstmals in Klausur gehen, Aiginger fordert dafür schon erste konkrete Ideen für die von allen Parteien ventilierte Steuerreform. ÖGB und Arbeiterkammer haben Anfang der Woche ihre Ideen präsentiert, für die beiden Ökonomen, Keuschnigg und Aiginger, offenbaren diese aber zu wenig Gegenfinanzierungsvorschläge. Diese mahnen sie nun von der Regierung "in den nächsten Tagen" ein, wie Aiginger sagt.
Neben dem geringen privaten Konsum, den fehlenden Investitionen und der Unsicherheit durch die "Politikpause" hemmt auch die Auslandsnachfrage die heimische Konjunktur. Es ist der vierte Faktor für die schwache Entwicklung. Während der Welthandel im Vorjahr noch an Dynamik gewann und damit synchron der Außenhandel zulegte, verhinderte die Dämpfung des Welthandels in den vergangenen Monaten einen Anstieg des Exports. Die Nachfrage der Nicht-EU-Länder ist stark zurückgegangen, da Kapital aus vielen Schwellenländern abgezogen wurde, wobei die Ukraine-Krise bis dato nur eine untergeordnete Rolle spielt.
"Aber nicht nur die direkten Effekte der Schwellenländer, sondern vor allem die gesamte Stagnation der Exporte in den Euro-Raum haben zu der Dämpfung beigetragen", sagt Schiman. Wobei hier vor allem die Abhängigkeit von Deutschland (etwa 30 Prozent aller Exporte) durchschlägt. Auch Deutschlands Wirtschaft hat an Schwung verloren.
Bemerkenswert ist, dass die Inflation hierzulande sehr deutlich über jener in Deutschland liegt, wo sie zuletzt bei 0,4 Prozent verharrte. Für Österreich meldete am Mittwoch die Statistik Austria 1,7 Prozent. Die vergleichsweise hohe Inflation drückt wiederum die Reallöhne und bremst den Konsum.
Dass die südeuropäischen Krisenländer zuletzt wieder ein Anspringen der Konjunktur - auf niedrigem Niveau - vermelden konnten, gibt den Ökonomen Hoffnung, dass Reformen auch in Österreich der Wirtschaft einen ähnlichen Anstoß geben könnten. Sie müssten halt irgendwann auch tatsächlich kommen.