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Gesetz gegen Pharma-Rabatte

Von Ina Weber und Daniela Wehlend

Politik

Die Hausapotheken sind ins Zentrum des Interesses geraten. Der Vorwurf des Autors Hans Weiss, dass Hausärzte so genannte Naturalrabatte Medikamente, die sie gratis von Pharmafirmen bekommen haben den Sozialversicherungen verrechnet haben sollen, nährt die Befürchtungen der Krankenkassen. Diese fühlen sich von den Pharmafirmen hintergangen.


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In Österreich gibt es 1.150 öffentliche Apotheken und 971 Arztpraxen mit Hausapotheken. Letzteren droht aufgrund der Aussagen von Hans Weiss, Co-Autor des Buches "Bittere Pillen", ein Imageschaden. "40 Prozent aller Medikamente werden von den Pharmafirmen verschenkt", behauptet dieser und wirft der hausapothekeführenden Ärzteschaft vor, den Krankenkassen erhaltene Gratismedikamente zu verrechnen.

Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat reagierte prompt und präsentierte gestern, Donnerstag, den Entwurf für ein neues Arzneimittelgesetz. Bisher konnte die "unerlaubte Geschenkannahme" eines Hausarztes nur mit einer Verwaltungsstrafe geahndet werden. Nach dem neuen Gesetz wird dies ab einem Wert von über 7.500 Euro strafrechtlich verfolgt. Die umstrittenen "Naturalrabatte" will Rauch-Kallat aber "nicht gänzlich verbieten". Festzulegen, was ein Rabatt und was ein "Geschenk" sei, ist kraft des neuen Gesetzes künftig Sache der Gesundheitsministerin.

Sowohl die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK), der Verband der Pharmazeutischen Industrie (Pharmig) als auch der Generika-Verband halten die Debatte für überspitzt. Sie betrachten die Gewährung von Rabatten an Ärzte als "in der freien Marktwirtschaft durchaus üblich".

Auch die Österreichische Apothekerkammer bestätigte gegenüber der "Wiener Zeitung", Rabatte von Pharmafirmen zu beziehen. Pressesprecherin Jutta Pint sieht jedoch einen großen Unterschied zwischen öffentlichen Apotheken und Hausapotheken. "Der Hausarzt hat eine Verschreibungshoheit. Er kann Art und Menge steuern und ist somit für Pharmaindustrien marketingtechnisch viel interessanter. Die Apotheken müssen das auf Lager haben, was der Arzt verschreibt. Der Mengenrabatt liegt unter der Zehn-Prozent-Grenze", so Pint.

Aus dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger hieß es gegenüber der "Wiener Zeitung", ein genaues Schadensausmaß könne nicht geschätzt werden. Gefordert wird jedoch ein Einblick in die Bücher von Hausärzten, um feststellen zu können, ob Gratisproben weiterverrechnet wurden. Außerdem forderte der Vorstandsvorsitzende des Hauptverbandes Erich Laminger eine Kostenreduktion auch für die Krankenkassen. "Wenn die Pharmafirmen in der Lage sind, den Ärzten derartige Rabatte zu gewähren, dann müssten auch andere Preise für die Sozialversicherung drinnen sein". Die Krankenkassen wissen von Rabatten von bis zu 300 Prozent.