)
Am 1. Juli 2004 ist das neue Gleichbehandlungsgesetz in Kraft getreten. Wirksam durchgesetzt werden kann es erst ab heute. Mit 1. April ist nämlich die Gleichbehandlungskommission komplett, die sich mit der Diskriminierung in einer Vielzahl von Lebensbereichen auseinander setzen muss.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Am 4. Jänner dieses Jahres hat der Antirassismus-Verein Zara den Fall von Herrn M. aus dem Libanon an die Gleichbehandlungskommission herangetragen. Laut Zara-Obmann Dieter Schindlauer konnte die Kommission aber ihre Arbeit noch nicht aufnehmen, da es diese noch gar nicht gab.
Herr M. wurde vergangenes Jahr laut Beschwerde längere Zeit an seinem Ausbildungsplatz bei Siemens herablassend behandelt, von einem anderen Kursteilnehmer geschlagen und musste schließlich den Kurs verlassen. "Laut Gesetz hätte man sich damit innerhalb eines Monates befassen müssen", meinte der Obmann von Zara Dieter Schindlauer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Seit Juli letzten Jahres, als das neue Gleichbehandlungsgesetz beschlossen wurde, hätte eine Gleichbehandlungskommission eingerichtet werden müssen, doch diese existiere nur "virtuell". "Ich weiß, dass einige Ministerien und die Sozialpartner schon ihre Leute für den Senat ausgesucht haben, doch der Vorsitz ist leider noch nicht bestellt. Wenn es diesen gibt, wäre es spannend zu wissen, wer das ist, niemand weiß von dieser Kommission, das wird streng geheim gehalten", wunderte sich Schindlauer. Ministerin Rauch-Kallat sei dafür laut Gesetz zuständig.
Seitens des Bundesministeriums zeigt man für diese Anschuldigung wenig Verständnis. "Der erste Senat, der für die Gleichbehandlung von Mann und Frau in der Arbeitswelt zuständig ist, arbeitet schon längst. Die beiden weiteren Senate, die den Bereich der Gleichbehandlung aller Gruppen in der Arbeitswelt und die Diskriminierung in allen anderen Bereichen umfasst, werden ab 1. April ihre Arbeit aufnehmen", bestätigte Daniela Reczek, Sprecherin von Ministerin Maria Rauch-Kallat gegenüber der "Wiener Zeitung". "Es braucht eben Zeit, um gute qualifizierte Senatsvorsitzende zu bekommen", und man habe ausführliche Hearings durchgeführt.
Gesetz wurde umfassender
Das Gleichbehandlungsgesetz von 2004 erweiterte, den Antidiskriminierungsrichtlinien der EU gemäß, das schon seit 1979 gültige Gleichstellungsgesetz beträchtlich. Zu den Regelungen für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern sind solche hinzugefügt worden, die Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, von Alter oder sexueller Orientierung bekämpfen sollen. Auch wird der ursprünglich erfasste Bereich ausgedehnt: Das Gesetz gilt nicht mehr nur für die Arbeitswelt, sondern auch für "sonstige Bereiche".
Dieser Teil des Gesetzes erfasst nicht alle angeführten Benachteiligungen, sondern versteht sich deklariertermaßen als "Antirassismus"-Regelung. Diese betrifft beispielsweise den "Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum", wie es im Gesetzestext heißt. Damit kann beispielsweise ein Mensch nicht aufgrund seiner Hautfarbe bei der Wohnungssuche behindert werden. Auch der Eintritt in eine Disco kann ihm nicht verweigert werden. Zu sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz tritt auch das Verbot von Belästigung durch einen der angeführten Gründe, z.B. also durch rassistische Witze.
Das Gleichbehandlungsgesetz, das seit 2004 von einem Gesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft begleitet wird, gilt übrigens für "privatrechtliche Verträge", also für die Privatwirtschaft. Ausgenommen sind land- und forstwirtschaftliche Betriebe, der Bund, der seit 1993 ein eigenes Gesetz hat, die Bundesländer und Gemeinden. Diese haben großteils analoge Gesetze erlassen.