Zum Hauptinhalt springen

Gesetze für den Herbst

Von Matthias G. Bernold

Wirtschaft

Auch nach dem Abgang von Dieter Böhmdorfer wird im Justizministerium gearbeitet. Für den Herbst steht eine Novelle des Mediengesetzes auf dem Programm. Dazu gibt es eine erste kleine Reform des strafprozessualen Hauptverfahrens und ein Maßnahmenpaket, das Wirtschaften hygienischer machen soll.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

1. Die Börsegesetznovelle sieht neue Straftatbestände bei Insiderhandel und Marktmissbrauch vor. Die Legisten im Justizministerium haben den Tatbestand als § 48b Börsegesetz ("Missbrauch einer Insiderinformation") neu formuliert sowie Sonderbestimmungen für die Finanzmarktaufsicht (FMA, §§ 48g bis q) für das gerichtliche Strafverfahren vorgesehen.

Beim Missbrauch einer Insiderinformation wird nunmehr zwischen Primär- und Sekundärinsider mit unterschiedlichen Strafdrohungen differenziert. In Anlehnung an die Regelungen zum Betrug im Strafgesetzbuch (StGB) sollen Wertqualifikationen eingeführt werden, die die Strafdrohungen gestaffelt von ein bis zehn Jahren vorsehen. Dies soll dem Unrechtsgehalt dieser Taten gerecht werden und im Sinne der Generalprävention ein deutliches Zeichen setzen, heißt es aus dem Justizministerium. Jene Fälle, in denen kein Bereicherungsvorsatz gegeben ist, sollen milder bestraft werden.

2. Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen Bund und allen Bundesländern über Abgeltung medizinischer Versorgungsleistungen von öffentlichen Krankenanstalten für Insassen von Justizanstalten. Derzeit besteht keine gesetzliche Krankenversicherung für Häftlinge. Das Bundesministerium für Justiz hat daher den Krankenanstalten im Behandlungsfalle die vollen Kosten einer Behandlung erster Klasse zu ersetzen. Dadurch entstehen dem Justizressort jährlich Kosten in der Höhe von rund 8,5 Mill. Euro. Die genannte 15a B-VG-Vereinbarung soll zu einem Ersatz dieser Kosten durch die Bundesländer für die Jahre 2003 und 2004 führen.

3. Hinter dem etwas sperrigen Begriff Verbandsverantwortlichkeitsgesetz verbirgt sich die seit Jahren geforderte/verhinderte Strafbarkeit juristischer Personen. Der Entwurf geht davon aus, dass ein Verband (u.a. Unternehmen, Vereine) grundsätzlich für jeden Deliktstypus verantwortlich gemacht werden kann, der im besonderen Teil des StGB oder in den Nebengesetzen enthalten ist. Einschränkungen auf bestimmte Delikte sind nicht vorgesehen. Die Begutachtung endet am Freitag. Die Regierungsvorlage ist für Dezember 2004 geplant. Juni 2005 soll das Gesetz in Kraft treten.

4. Das Mediengesetz soll an technologische Entwicklungen angepasst werden. Begriffe wie "Website" und "Newsletter" finden in der geplanten Mediengesetznovelle ihren Niederschlag. Der Entwurf erhöht weiters die Entschädigungsbeträge bei Verletzungen des Persönlichkeitsschutzes (Art. 1 § 6ff MedienG) von bisher zwischen 14.535 und 72 673 auf 20.000 bis 100.000 Euro.

Hinsichtlich der Kosten werden ebenfalls Änderungen vorgeschlagen, insbesondere die Kostentragungspflicht des Bundes soll eingeschränkt und dort ausgeschlossen werden, wo dem Antragsteller eine Entschädigung gezahlt oder in vollstreckbarer Weise vertraglich zugesichert, also ein Vergleich geschlossen wurde. Die Begutachtungsfrist ist bereits verstrichen. Für Ende September/Anfang Oktober ist ein gemeinsamer Ministerratsvortrag des Justizministeriums mit dem Bundeskanzleramt geplant.

5. StPO-Novelle 2005: Der logische nächste Schritt nach der jüngst geschafften Vorverfahrens-Novelle ist die Reform des ebenfalls modernisierungsbedürftigen Hauptverfahrens. Mit der StPO-Novelle 2005 soll ein erster Schritt dazu gesetzt, zugleich gespart werden. Das Gesetz sieht die Verkleinerung der Schöffensenate vor: Statt zwei Berufs- und zwei Laienrichtern (Schöffen) soll künftig nur noch ein Berufsrichter im Senat sitzen. Der Entwurf sieht die Streichung eines Berufsrichters vor. Weiters sollen im Strafverfahren moderne Formen der Protokollierung (digitales Diktat, Bild- und Tonaufnahme) ermöglicht werden. Bisher war stets ein Schriftführer zuzuziehen.

6. Sozialbetrug und Schwarzarbeit: § 153 c StGB soll den geltenden § 114 ASVG ersetzen und dessen Anwendungsbereich erweitern. Der Tatbestand soll auch dann verwirklicht sein, wenn nicht nachweisbar ist, dass das Arbeitsentgelt geleistet wurde. Damit würde einem Anliegen der Praxis Rechnung getragen, die bei Schwarzauszahlung von Löhnen über Beweisprobleme klagt. Die Strafdrohungen sollen gestaffelt werden: Die bisherige Strafobergrenze von zwei Jahren würde die Grundstrafdrohung darstellen, im Falle des Überschreitens der Wertgrenze von 40.000 Euro (an vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen) droht Haft von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

§ 153 e StGB (organisierte Schwarzarbeit): Neben einer Definition von illegaler Erwerbstätigkeit enthält die Bestimmung zwei Tatbestände: die Organisation von Schwarzarbeit in unternehmensähnlicher, gewerbsmäßiger Form sowie die führende Tätigkeit in einer Verbindung einer größeren Zahl von illegal erwerbstätigen Personen (Organisator einer "Schwarzarbeitertruppe"). Es drohen Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren.

7. Im Zivilrecht wird derzeit am Begutachtungsentwurf zum "Maßnahmenpaket zur Stärkung des Vertrauens in die österreichische Wirtschaft" gearbeitet. Das sogenannte Wirtschaftshygiene-Paket geht auf eine Entschließung des Nationalrats vom 29. Jänner 2004 zurück. Die Qualität der Abschlussprüfungen soll verbessert - eine Haftung und Rotation der Abschlussprüfer eingeführt werden. Desweiteren im Aktienrecht vorgesehen: Eine Beschränkung der Zahl der Aufsichtsratsmandate, die eine Person ausüben kann, die Bestellung eines Prüfungsausschusses als Unterausschuss des Aufsichtsrats, die Einführung einer Haftung der Organmitglieder gegenüber Anlegern für unrichtige oder nicht erteilte Finanzinformationen, geänderte Haftungbeträge für Fehler des Abschlussprüfers.