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"Gesetze können nur wir initiieren"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv
Der slowakische EU-Kommissar Maros Sefcovic macht sich für die Schaffung eines neuen Lobbyistenregisters stark. Doch muss er dafür noch Anwälte begeistern. Foto: EC

"Hier und da gibt es noch Spannungen mit dem Parlament." | EU-Volksbegehren sollen früher als 2012 kommen. | "Wiener Zeitung": Sie waren für den Umbau der EU-Institutionen gemäß dem Lissabonner Vertrag zuständig. Wer hat in Brüssel über das letzte halbe Jahr an Macht gewonnen?


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Maros Sefcovic: Erstens hat der neue Europäische Rat unter dem neuen Management von Präsident Herman Van Rompuy wichtige Entscheidungen in Zeiten enorm herausfordernder Krisen getroffen. Zweitens hat sich das EU-Parlament zu einem wichtigeren Akteur als in der Vergangenheit entwickelt. 90 Prozent aller Entscheidungen im Gesetzgebungsprozess unterliegen der parlamentarischen Mitbestimmung. Das macht einen kulturellen Wandel in Kommission und Rat (Kammer der Mitgliedstaaten) notwendig. Hier und da gibt es noch Spannungen, wie etwa an der Swift-Diskussion zu sehen war.

Hat das Parlament auch das indirekte Initiativrecht für EU-Gesetze erhalten, das oft als Bedingung für die Wiederwahl von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso gefordert worden war?

Nein. Auch in den Verhandlungen über die künftige Zusammenarbeit mit dem Parlament war klar, dass die Kommission als Einzige das Initiativrecht hat. Wenn es eine Resolution des Parlaments gibt, entscheidet die Kommission, ob das Anliegen weiterverfolgt wird. Aber wir erklären dem Parlament unsere Entscheidung innerhalb von drei Monaten.

Ist eine Parlamentsresolution also mit einem erfolgreichen EU-Volksbegehren vergleichbar, wo Sie ab einer Million Unterschriften innerhalb von vier Monaten das weitere Vorgehen erläutern?

Nur bis zu einem gewissen Grad. Das Parlament ist einer der Arme des europäischen Gesetzgebers, seine Vorschläge sind konkreter. Bei der EU-Bürgerinitiative geht es eher darum, der Kommission Themenvorschläge zu machen.

Nach derzeitigem Stand der Verhandlungen wird das wohl erst 2012 möglich sein.

Wir wollen bis zum ersten Geburtstag des Lissabonner Vertrags am 1. Dezember eine Einigung mit Rat und Parlament. Das Übergangsjahr wollen die Mitgliedstaaten vor allem wegen technischer Angelegenheiten wie der Verifizierung von Unterschriften, die online gesammelt wurden. Hier können wir gemeinsam mit den Experten der Länder sehr pragmatische Lösungen finden. Uns würden Stichprobenüberprüfungen schon reichen. Das kann eine recht einfache Prozedur sein, die innerhalb eines Jahres eingeführt werden kann. Und weil die Frist für die Sammlung der Unterschriften ohnehin ein Jahr ist, könnten wir die ersten EU-Volksbegehren bereits Anfang nächsten Jahres starten.

Unter Kritik steht indes das Lobbyistenregister der EU-Kommission, weil es nicht verpflichtend ist. Anwälte und Think Tanks tragen sich kaum ein. Lobbying-Agenturen sehen Ihnen gegenüber Wettbewerbsnachteile, wenn sie sich eintragen. Wie wollen Sie dieses Patt auflösen?

Wir arbeiten da sehr eng mit dem EU-Parlament zusammen und haben ausgemacht, dass wir vor dem Sommer 2011 ein gemeinsames Lobbyistenregister etablieren wollen. Dieses soll die Vorteile der beiden bisherigen Register vereinen und von der EU-Kommission verwaltet werden. Es würde freiwillig bleiben, weil die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Eintragungspflicht langwierig und schwierig wäre. Wir wollen die Lobbyisten durch positive Anreize und das hohe Risiko für ihre Reputation locken, das es birgt, nicht eingetragen zu sein. Fast 2900 Eintragungen haben wir bereits.

Was ist der Vorteil der Zusammenlegung der Verzeichnisse?

Die Hauptbelohnung für die Eintragung ins Register des Parlaments ist eine Zugangskarte für die Parlamentsgebäude. Wird ein Lobbyist wegen schweren Fehlverhaltens aus dem Verzeichnis gestrichen, veröffentlichen wir das, und er verliert auch die Zugangskarte für das Parlament.

Wie wollen Sie Think Tanks und Anwälte überzeugen?

Think Tanks oder Repräsentanten von Religionsgemeinschaften haben kein Problem mit der Offenlegung von Namen, Zielen und Finanzen. Sie wollen bloß nicht als Lobbyisten wahrgenommen werden. Daher werden wir die Bezeichnung und die Struktur des Registers ein wenig ändern. Doch das Hauptproblem sind die Anwälte. Ihre Regeln variieren von einer Anwaltskammer zur anderen. Mit denen führen wir derzeit intensive Gespräche. Denn wir respektieren zwar die privilegierte Beziehung zwischen Anwalt und Klienten. Wenn es aber um Lobbying-Aktivitäten geht, sollten die genauso transparent sein wie bei allen anderen auch.

Maros Sefcovic (44) ist als Vizepräsident der EU-Kommission für Interinstitutionelle Beziehungen und Verwaltung zuständig.