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Gesetzgebung ohne Erfahrung in der Wirtschaft funktioniert nicht

Von Kathrin Nachbaur

Gastkommentare
Kathrin Nachbaur ist Klubobfrau des Team Stronach.

Die Verantwortlichen in der Regierung verstehen wenig vom Haushalten, von Banken und vom Geld.


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Leider verstehen die Verantwortlichen in der Regierung wenig vom Haushalten, weil jedes Jahr verlässlich mehr ausgegeben als eingenommen wird. Leider verstehen die Verantwortlichen in der Regierung auch wenig von Banken, wie man bei der Hypo Alpe Adria Bank, der Kommunalkredit und der ÖVAG sieht. Das Bankenproblem ist in Wirklichkeit ein massives und bis dato ungelöstes, und dabei hat die Banken-Krise in Österreich erst richtig begonnen: Die Erste meldet circa 1,3 Milliarden Verlust und Raiffeisen muss mit sehr schlechten Nachrichten aus Osteuropa rechnen.

Eigentlich verstehen die Verantwortlichen in der Regierung überhaupt wenig vom Geld, wie man auch bei der Novelle zum Alternative-Investment-Fonds-Gesetz sieht. Dieses Gesetz wurde noch im Juli - genauso wie das äußerst wirtschaftsfeindliche Energie-Effizienzgesetz - durch den Nationalrat gepeitscht. Ich unterstelle, dass die Mehrheit der zustimmenden Nationalräte weder bei dem einen noch bei dem anderen Gesetz verstanden hat, worum es geht, geschweige denn, was die Tragweite ihrer Beschlüsse für die Betroffenen bedeutet. Das Alternative Investmentfonds Gesetz (AIFG) und das Energie Effizienz Gesetz sind wunderbare Beispiele, die zeigen, dass die Gesetzgebung durch Berufspolitiker, die keine Erfahrung in der Wirtschaft haben, nicht funktioniert. Das AIFG gilt für jeden Organismus, der eine festgelegte Strategie verfolgt. Was ist eigentlich ein Organismus im österreichischen Gesellschaftsrecht? Und was ist eine festgelegte Strategie? Da haben sich wirklich ein paar legistische Experten ans Werk gemacht . . .

Aber noch viel eigenartiger als der Text ist der Inhalt der Novelle. Man erlaubt Privatpersonen nur dann in breit risikogestreute Dachfonds zu investieren, wenn sie um mindestens 100.000 Euro einkaufen und wenn sie mindestens vier Jahre Erfahrung mit Aktien haben. Jeder, der schon einmal ein Beratergespräch in einer Bank hatte, weiß aber, dass für Laien Einzelaktien riskantere Anlagen sind, während man zur Streuung des Risikos lieber einen Fonds wählen sollte. Und jetzt wird das Gesetz des Risikos einfach umgedreht! Das ist alles völlig absurd. Was wir brauchen, sind Regelungen für Geschäftsbanken, die den Banken erlauben, ihrer eigentlichen Aufgabe nachzugehen: nämlich Geld einsammeln und Kredite vergeben. Anstatt genau das durch komplizierte Regelungen à la Basel III zu unterbinden.

Unsere Unternehmer brauchen Geld, um zu investieren und zu überleben. Und nicht irgendwelche verkorksten neuen Gesetze, die in der Sache völlig falsch sind. Etwas, das mir große Sorgen bereitet, was unsere Demokratie anlangt, ist Folgendes: Wir im Nationalrat beschließen regelmäßig Gesetze, von denen die meisten Abgeordneten keine Ahnung haben. Gesetze, die oft mit anderen Gesetzen in Konflikt stehen. Es wird in einer Schnelligkeit irgendetwas beschlossen, was die Beamten der Ministerbüros nach Lobbying durch verschiedene Interessengruppen vorlegen, ohne den Inhalt zu verstehen. Die Regierungsvertreter und die Nationalräte wissen oft gar nicht was sie tun - beim ESM war es ja auch das Gleiche. Berufspolitiker, die blind den Vorlagen der Lobby-Technokraten folgen. Zum Schaden unserer Unternehmer. Das ist der wahre Jammer in unserer Demokratie.