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Gesichter lesen

Von Stefanie Holzer

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Wer gern Physiognomien betrachtet und den jeweiligen Ausdruck interpretiert, der kam am Mittwoch im Fernsehen auf seine Rechnung. Untertags waren die "angry middle-aged men and women" im Parlament dran. Wenn die Parteienvertreter wirklich vorgehabt haben, sich auf eine gemeinsame Sicht der vergangenen acht Monate zu verständigen, dann sind sie wohl gescheitert. Und solches Scheitern fördert offenbar eine Art dekonstruktivistischen Grant: Jeden Tag denkt sich Westenthaler über Gusenbauer das, was er sich immer schon gedacht hat. Und Gusenbauer kriegt physiognomisch Sodbrennen, wenn er Westenthaler irgendwo erspäht . . .

Beim nächsten Gesichterlesetermin, als Sturm Graz gegen den Favoriten Galatasaray antrat, war die Stimmung wohltuend anders. Beide Teams mühten sich erfolgreich um ein spannendes Spiel. Am lustigsten war der leicht schuldbewusst-verschmitzte Gesichtsausdruck von Robert Mählich, als er vom riesigen Schiedsrichter (2,06 m) empört in die Kabine verbannt wurde. Im Parlament schauen dagegen immer alle drein, als ob sich die Gegenseite einer unverständlichen, aber um so beleidigenderen Sprechweise bediente. Vizekanzlerin Riess-Passer wirkte im Stadion beim 3 : 0-Sieg der Grazer übrigens gelöst. Vielleicht sollte ihr ebenfalls verkrampfter Sparringpartner Neugebauer das nächste Gespräch mit Smalltalk über Fußball beginnen?