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Die Geschäftsführer geben nicht nach. Wer als Manager an "seiner" Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt ist, fühlt sich eigentlich nicht als Dienstnehmer, sondern eher als Quasi-Unternehmer. | Dennoch verlangt der Fiskus von deren Geschäftsführerbezügen den Dienstgeberbeitrag. Und die Gemeinden hängen sich mit der Kommunalsteuerpflicht an. Das Problem liegt in der undeutlichen Definition | des Dienstnehmerbegriffs, den die Steuerbehörden zu ihren Gunsten auslegen. Jetzt ist wieder einmal das Höchstgericht zu einer Klärung des Rechtsstreits aufgerufen.
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Vordergründig geht es um eine Bestimmung des Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG), das alle Bezüge der Dienstnehmer mit einem vom Dienstgeber zu tragenden Beitrag (DB) von rund 5% belastet. Als
Dienstnehmer werden auch jene Personen mit einbezogen, die - meistens als Firmenleiter oder sonst leitende Angestellte - an "ihrer Arbeitgebergesellschaft" wesentlich (also zu mehr als 25%) beteiligt
sind.
Umstrittener Dienstnehmerstatus
Der vom Fiskus und von den Kommunen dabei angewendete Dienstnehmerbegriff ist zwar in FLAG und Kommunalsteuergesetz begrifflich gleich umschrieben, leitet sich aber verästelt aus dem Einkommen
steuergesetz ab. Dort heißt es, dass die wesentlich Beteiligten zwar nicht lohnsteuerpflichtig, sondern grundsätzlich einkommensteuerpflichtig sind, dass sie aber dessen ungeachtet als
(steuerliche) Dienstnehmer anzusehen sind, wenn sie eine "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung" erkennen lassen.
Hier haken Finanz und Kommunen ein. Wer regelmäßig im Unternehmen tätig ist, kontinuierlich Bezüge verdient und Auslagen und Arbeitsmittel vom Betrieb ersetzt bekommt, zeige eben alle Merkmale eines
Dienstverhältnisses, argumentieren die Behörden. Das gelte auch dann, wenn keine Weisungsgebundenheit gegeben sei und wenn die Betroffenen von den Anspruchs- und Schutzbestimmungen des
Arbeitsrechts ausgeschlossen seien.
Ablehnende VwGH-Judikatur
Eine Ungerechtigkeit, wettern die Betroffenen! Einerseits seien sie von den für Dienstnehmer geltenden besonderen abgabenrechtlichen und arbeitsrechtlichen Begünstigungen ausgenommen, andererseits
müssten ihre Bezüge - jenen der "echten Dienstnehmer" gleich - der DB- und Kommunalsteuerpflicht unterliegen. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung. Und wo stehe, dass kontinuierliche
Bezüge stets auch ein Dienstverhältnis voraussetzten?
Der Streit hat inzwischen schon zu mehreren Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnissen geführt. Erst kürzlich hat das Höchstgericht ) bei zwei zu je 49% an ihrer Gesellschaft beteiligten Geschäftsführern
die DB- und KommSt-Pflicht bejaht und zwar just auf Grund der oben erwähnten Behördenargumente. Das neue Erkenntnis setzt damit die ablehnende Rechtsprechung der Verwaltungsrichter fort und wird nun
dazu führen, dass die unzähligen Rechtsmittel, die bei den Finanzbehörden derzeit diesbezüglich anhängig sind, allesamt abgewiesen werden.
Initiative der Treuhänder
Die wiederholte Negativhaltung des Verwaltungsgerichts hat die Kampfstimmung besonders unter den Steuerberatern wieder angestachelt. Mit einer von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder veranlassten
und vom Wiener Wirtschaftsanwalt Wolf-Dieter Arnold formulierten Beschwerde ) wollen sie nun den Verfassungsgerichtshof dazu bewegen, in ein Gesetzesprüfungsverfahren einzusteigen und die
unbefriedigende Gesetzeslage zugunsten der betroffenen Manager zu bereinigen.
In der Beschwerde wird die undeutliche, widersprüchliche und daher nach Meinung der Beschwerdeführer irreführende Rechtslage hinsichtlich des steuerlichen Dienstnehmerbegriffs umfassend aufgerollt
und analysiert. Dabei wird - am Beispiel eines zu 90% an seiner Gesellschaft beteiligten Geschäftsführers - deutlich gemacht, wie stark die Unternehmerstellung gegenüber der vorgeblichen
Dienstnehmerstellung überwiegt und wie absurd die gesetzliche Einengung des steuerlichen Dienstnehmerbegriffs in der Praxis tatsächlich ist.
Dienstnehmer oder Unternehmer
Nach Meinung der Beschwerde kann es bei wesentlicher - zumal 90%iger - Beteiligung des Geschäftsführers nicht auf das vom Gesetz betonte "Schulden von Arbeitskraft unter Leitung des Arbeitgebers"
ankommen, denn der Arbeitgeber ist er ja praktisch selbst. Man braucht auch nicht die Weisungsfreiheit als unwesentlich abzutun. Es genügt, daran zu denken, dass ein zu 90% Beteiligter oder gar ein
Alleingesellschafter die Gesellschaft durch Umwandlung einfach zu seiner persönlichen Einzelfirma machen kann, dass er selbständig den Betriebsgegenstand ändern, den Firmensitz verlagern oder sogar
die Gesellschaft liquidieren kann. Dem steht auch nicht dagegen, dass seine tatsächliche Beschäftigung im Betrieb "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" trägt. Was er jedenfalls trägt, sind
Unternehmerrisiko und Haftung für seine Unternehmensbeteiligung.
Woraus die Beschwerde den Schluss formuliert: "Das Gesetz ist derart unzureichend determiniert, dass es mit dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit behaftet ist."
Verfassungswidrige Differenzierung?
Mit dem solcherart gerügten Gesetz ist vor allem jener Paragraph § 22 des Einkommensteuergesetzes gemeint, der die Bezüge des an einer Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten einerseits
einkommensteuerpflichtig macht, sie aber gleichzeitig in die Gruppe der Dienstnehmerbezüge einreiht (ohne ihnen auch alle steuerlichen Dienstnehmerbegünstigungen zuzubilligen). Diese heterogene
Betrachtungsweise fließt dann unverändert in die analogen Bestimmungen des FLAG und des KommStG ein.
Ziel des nun eingeleiteten Verfahrens ist es deshalb, beim Höchstgericht ein Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich dieser Bestimmungen und deren Aufhebung als verfassungswidrig zu erreichen.
) VwGH Zl. 98/15/0200 v. 27.1.2000
**)Die am 21.12.1999 eingebrachte Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof unter Zl. B 2034/99 protokolliert.