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Es ist ein jämmerliches Trauerspiel, das Frankreichs Sozialisten nun schon seit Jahren aufführen. Die Partei ist innerlich dermaßen zerfleischt, dass sie zur Zeit nur noch ein Wunder retten könnte. | Startschuss zu der Misere war das Referendum über die EU-Verfassung im Jahr 2005. Damals brachen die Differenzen völlig ungeschönt zu Tage. Nicht, dass es ungewöhnlich wäre, dass es innerhalb einer Partei unterschiedliche Strömungen gibt - im Gegenteil. Aber in diesem Fall führten bis zum Tag der Abstimmung Vertreter ein und derselben Partei untereinander einen öffentlichen und unversöhnlichen Kampf für, beziehungsweise gegen das Regelwerk.
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Dass diese Spaltung nach der Wahl nur oberflächlich gekittet, aber nicht behoben wurde, daran ist zum Teil Parteichef François Holland schuld. Er hat der Eintracht den Vorzug gegeben und die diversen Verfassungsgegner nicht konsequent genug kaltgestellt.
Ohne eine einheitliche Linie schlingerte die Sozialistische Partei den Präsidentschaftswahlen entgegen. Bis Ségolène Royal das Ruder an sich riss. Sie versuchte, die Partei, die bei den letzten Wahlen nur dritte geworden war, durch einen Rechtsruck wieder siegestauglich zu machen. Allein, der Erfolg wollte sich nicht einstellen.
Die Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2007 ließ die Sozialisten weiter in die Krise abrutschen. Denn zum einen haben danach viele Parteigranden Royal das Messer in den Rücken gerammt und das sinkende Schiff verlassen: Bernard Kouchner, Jack Lang und Dominique Strauss-Kahn sind dem Ruf in die Reihen von Präsident Nicolas Sarkozy gefolgt. Zum anderen hat sich durch den Rechtsruck Royals und ihre Anbiederung an den Rechtszentristen François Bayrou eine Lücke im weit linken Spektrum der Partei ergeben. Und so mancher Wähler wanderte in Richtung Kommunisten und Trotzkisten ab.
Heute ist dieser blinde Fleck offensichtlicher denn je. Denn während Royal noch immer versucht, die Partei unter ihrer Führung zu vereinen, hat sich ein Teil abgespalten, um sich nach dem Vorbild der deutschen Linkspartei neu zu formieren. Erstaunlicherweise bleibt die zu erwartende Befriedung der Partei nach der Abspaltung genauso aus wie seinerzeit, als Kouchner und Co gingen. Der linke Parteiflügel ist mit Benoît Hamon nach wie vor präsent und im Zentrum der Partei schlägt sich Royal mit den nicht viel schwächeren Fraktionen der Bürgermeister Bertrand Delanoë und Martine Aubry.
Dabei sind sich die drei so spinnefeind, dass man fast schon von einem Wunder sprechen müsste, würden sich auch nur zwei von ihnen einig. An das Weihnachtswunder einer Konsolidierung braucht man ohnedies nicht zu glauben.