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Gespenst der Revolution lebt

Von Werner Grotte

Europaarchiv

Moskaus Bürgermeister übt Systemkritik in Wien. | Wien. Er wird nächstes Jahr 70, ist studierter Chemiker, Autor von mehr als 200 Druckwerken, Schöpfer von 50 Erfindungen, verheirateter Vater von vier Kindern - und wurde seit 1996 dreimal zum Moskauer Oberbürgermeister gewählt. Am Montag präsentierte Jurij Luschkow in Wien sein im Vorjahr erschienenes Werk "Die Entwicklung des Kapitalismus in Russland - 100 Jahre danach" (Verlag C. Gerold, Wien 8) in deutscher (und international erster) Übersetzung.


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Außergewöhnlich kritisch setzt sich Luschkow darin mit politischen Fehlentwicklungen seines Landes, etwa der "Monetarisierung" (finanzieller Abgeltung) bisheriger Sozial-Leistungen durch den Staat, auseinander. Er warnt die Machthaber ausdrücklich vor dem "Gespenst der Revolution, das heute genau so umgeht, wie vor 100 Jahren, wenn akute soziale Probleme ungelöst bleiben". Wiens Altbürgermeister Helmut Zilk, der mit Luschkow seit den achtziger Jahren gute Kontakte pflegt, hob in seiner Laudatio denn auch dessen "Mut zur Systemkritik" hervor, der "in Russland sicherlich nicht einfacher ist, als in Österreich, das weiß ich aus Erfahrung".

"Russische Wochen"

Hintergrund des Besuches sind die "Russischen Wochen" anlässlich der Staatsvertragsfeiern, zu denen die Bundeshauptstadt Vertreter aller Signatarstaaten eingeladen hat. Besonders der Kontakt zu Moskau wird intensiviert. Ab Anfang 2006 eröffnet die Stadt Wien ein "Verbindungsbüro" in Russlands Metropole, wo Ende Mai im Gegenzug "Wiener Wochen" stattfinden, die mit einem "Opernball" am 9. Juni enden.