Im Gegensatz zu so manchen zumindest spitzzüngigen Medien-Ansagen zur Krise der katholischen Kirche zeigte die "Pressestunde" am Sonntag, dass man dem Gesprächspartner nicht mit dem Stellwagen ins Gesicht fahren muss, um ein Interview informativ zu gestalten. Im Gegenteil: Eva Weissenberger von der "Kleinen Zeitung" und ORF-Mann Robert Stoppacher gelang es, mit ihren gezielt harten, aber nicht aggressiven Fragen an Kardinal Christoph Schönborn echte Gesprächsatmosphäre zu schaffen.
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In dieser setzte ein glaubwürdiger Kardinal zitierbare Nachrichten ab. Diese vermittelten den Eindruck, dass die Kirche wirklich Konsequenzen ziehen will. Ohne einen Versuch der Beschönigung bekannte sich Schönborn zur Anzeigepflicht und machte klar, dass die Täter zur Verantwortung gezogen und die Opfer entschädigt werden. Und dass die Kirche ohne Zögern handelt: Die Ex-Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic, übernimmt den Vorsitz einer unabhängigen Kommission, die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche aufklären soll. Gegen die oft hämischen Versuche, den Papst persönlich in den Missbrauchsskandal als Vertuscher hineinzuziehen, setzte Schönborn die (offensichtlich vom Vatikan genehmigte) Enthüllung, dass Kardinal Ratzinger seinerzeit im Fall Groer vehement für eine strenge Untersuchung gekämpft habe, aber an den kirchlichen Instanzen gescheitert sei.
Brachte die Gesprächsführung dieser "Pressestunde" Informationsgewinn, so zeitigte im nachfolgenden "Hohen Haus" das Interview zu Steuererhöhungen mit dem üblichen zackigen Fragestil nur den x-ten Aufguss sattsam bekannter Parteienstandpunkte.