Zum Hauptinhalt springen

Gesprächige Funkstille

Von Matthias Nagl

Wirtschaft

Die BayernLB reagiert auf das österreichische Schweigen zur Hypo und stellt weitere Klagen in den Raum.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

München. Gerd Häusler und die Hypo Alpe Adria, das ist eine heftige Fernbeziehung. Die Ereignisse, die Bayern und Österreich im Zusammenhang mit der 2009 notverstaatlichten Kärntner Bank aneinander fesseln, stammen alle aus der Zeit vor Häuslers Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Landesbank. Und wie die Sache auch ausgeht, sie wird Häusler in dieser Funktion nicht mehr berühren.

Der Bank-Manager absolvierte bei der Bilanz-Pressekonferenz der BayernLB am Mittwoch seine Abschiedsvorstellung - er verlässt die Bank mit Ende März nach knapp vier Jahren. Trotzdem hat das Schicksal der Hypo beträchtlichen Einfluss auf Häusler. Nach einer Bilanz seiner vier Jahre in der BayernLB gefragt, sagte er, er habe sehr viel gelernt, vor allem im juristischen Bereich.

Und gerade bei diesem Lernprozess dürfte die Hypo eine entscheidende Rolle gespielt haben. Dafür, dass die folgenschweren Entscheidungen Kauf und Verstaatlichung vor seiner Amtszeit gefallen waren, bereitete ihm die Hypo gehöriges Kopfzerbrechen. Schließlich verbinden die Kärntner Bank im österreichischen Staatseigentum und die bayrische Bank im - mehrheitlich - bayrischen Staatseigentum mehrere Gerichtsprozesse. Häuslers Lernprozess ist wohl noch nicht abgeschlossen, denn im Herbst wird er den Vorsitz im Aufsichtsrat der BayernLB übernehmen und den Verlauf der Streitigkeiten weiter aus der Nähe verfolgen können.

Aus österreichischer Sicht sollen im Herbst bei der Rückkehr Häuslers in die BayernLB die entscheidenden Weichenstellungen für die Hypo schon erfolgt sein. Die Ausgestaltung der Abwicklungseinheit für die Hypo Alpe Adria muss dann schon klar sein, und für die derzeit favorisierte Lösung braucht Österreich die Zustimmung des Alt-Eigentümers, also der BayernLB. Die wird es unter Verweis auf die laufenden Gerichtsverfahren aber nicht so einfach geben, weshalb Finanzminister Michael Spindelegger einen Generalvergleich mit der BayernLB anstrebt.

Keine Fantasie für Generalvergleich

Dieses Wort sorgt in München aber vor allem für Fragezeichen, immer noch wartet man auf Post oder einen Anruf aus Wien oder Klagenfurt. "Ich kann dazu nichts sagen, dafür fehlt mir die Fantasie", sagte Häusler am Mittwoch. Die Idee des Generalvergleichs wurde der BayernLB bisher nur über die Öffentlichkeit nähergebracht, was in München auf geringes Verständnis stößt. "Ich kann nur mutmaßen, dass man sich vorstellt, beide Seiten würden etwas nachgeben. Ich kann mir vorstellen, was die andere Seite von uns will, aber ich weiß nicht, was die andere Seite anbieten könnte", so Häusler.

Er spielt damit auf den zentralen Rechtsstreit zwischen der Hypo und der BayernLB an: Die Hypo verweigert die Rückzahlung von 2,3 Milliarden Euro nebst Zinsen an die frühere Mutter mit dem Argument, es handle sich dabei nicht um ein Darlehen, sondern um Kernkapitalersatz. Vor dem Landgericht München wird um das Geld gestritten, doch die Bayern sind sich ihrer Sache einigermaßen sicher. "Unsere Rechtsposition ist in dieser Sache sehr gut und in keiner Weise geschmälert, sondern sogar gestärkt worden", erklärte Häusler. "Die Beweislast liegt ohne Frage bei der Schuldnerin", und das sei die Hypo. Diese habe bisher keine Beweise für ihren Standpunkt vorlegen können.

Nach einem Einlenken sieht es im Moment also nicht aus. Häusler stellte vielmehr weitere Klagen in den Raum. Denn aufgrund der verweigerten Rückzahlung der Milliardenkredite durch die Hypo muss die BayernLB mit Anfang April das Kernkapital um eine Milliarde Euro verringern. Das schreibe das Banken-Aufsichtsrecht vor. Damit verringere sich die Kernkapitalquote der BayernLB von 12,6 auf 11,7 Prozent.

BayernLB prüft weitere Klagen

Wenn der Bank dadurch ein Schaden entstehe, könne man gar nicht anders, als auf Schadenersatz zu klagen, stellte Häusler klar. Das habe nicht mit der Lust und Laune der Verantwortlichen zu tun. "Die Spielräume eines Vorstandes sind kleiner, als viele denken", so Häusler. Wenn man gegen den Rat der Juristen auf eine Klage verzichte, setze man sich schnell dem Vorwurf der Untreue aus, erklärte der Bank-Chef.

Während etwaige Schadenersatzklagen gegen die Hypo noch Zukunftsmusik sind, stehen bei der Abwicklung der Problembank wichtige Entscheidungen unmittelbar bevor. Die für die Einrichtung einer Bad Bank notwendige Zustimmung der BayernLB braucht das Finanzministerium bis Ende August. Doch auch da herrscht zwischen München und Wien Funkstille. "Es gibt keinerlei Gespräche. Wir warten darauf, dass man uns erklärt, wie das gestaltet werden soll. Wir kennen das bisher auch nur aus der Zeitung", so Häusler. Bemerkenswerter Nebensatz: "Wir hatten bereits einen Termin vereinbart, den hat die österreichische Seite abgesagt, ohne Gründe zu nennen."

Generell herrscht in Bayern auf allen Ebenen Verwunderung über die österreichische Kommunikationspolitik. Während man die Sache auf österreichischer Seite gerne auf politischer Ebene regeln würde, sieht das in Bayern anders aus. Dem Vernehmen nach hat die bayrische Regierung wenig Lust, sich in den Streit einzumischen. Zumal die BayernLB dem weiteren Verlauf der Gerichtsprozesse relativ gelassen entgegensieht.

"Es gibt nichts zu verschenken"

Auch die Großwetterlage an den Finanzmärkten vergrößert die Chancen auf einen Vergleich nicht unbedingt. Oder, wie es Häusler formuliert: "Es gibt nichts zu verschenken." Die BayernLB befinde sich "in einem mehrjährigen Gesundungsprozess". Im letzten Quartal des Jahres 2013 betrug das Minus der Bank mehr als eine halbe Milliarde Euro. Für das Gesamtjahr blieb schließlich ein Gewinn von 124 Millionen Euro über. Das sind rund 80 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Sorgen bereitet den Bayern auch die ungarische Tochterbank MKB. Diese weitete ihren Verlust 2013 um ein Drittel auf 409 Millionen Euro aus. Der Verkaufsprozess läuft bereits und muss aufgrund einer Auflage der EU-Kommission bis Ende 2015 abgeschlossen sein. "Der Verkauf einer Bank in Ungarn ist sicher ein eher freudloses Unterfangen", meinte Häusler. Zudem muss die Bank bis 2019 einen Großteil der Staatshilfen zurückzahlen.

Die Vermutung, dass man sich vor diesem Hintergrund keine langjährigen Gerichtsverfahren leisten könne, wird von den Bayern zurückgewiesen. Nach Ansicht Häuslers muss sich der Rechtsstreit um die 2,3 Milliarden Euro auch nicht ewig hinziehen. Lege die Hypo keine Beweise vor, "kann es auch schnell gehen".