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Gestalten wir gemeinsam das Europa von morgen

Von Viviane Reding

Gastkommentare
Viviane Reding ist Vizepräsidentin der Europäischen Kommission und EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft.

Unser geeinter Kontinent kann nur wachsen und gedeihen, wenn wir auf die Bürger hören und auf ihre Bedürfnisse eingehen.


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In der Europäischen Union gingen dem Wandel stets größere politische Erschütterungen voraus. Der Fall des Eisernen Vorhangs stärkte den politischen Willen, die europäischen Nationen und Völker enger zusammenzuschließen. Heute haben wir keine Grenzen mehr, sondern das gemeinsame Recht für die Unionsbürger, überall in der EU zu leben, zu arbeiten, zu studieren, einzukaufen oder den Ruhestand zu verbringen. Wir haben eine gemeinsame Währung geschaffen und Mitgliedstaaten aus Mittel- und Osteuropa aufgenommen. In Zeiten historischen Wandels haben die Europäer zusammengehalten. Sie haben auf Europa gesetzt und sind gestärkt daraus hervorgegangen.

Dies ist heute nicht anders. Wir haben uns geschlossen der Krise gestellt. Europa hat Lehrgeld zahlen müssen, aber dank einiger harter Entscheidungen ist unser Haus Europa für weitere Stürme gerüstet. Jetzt ist es höchste Zeit, zu konsolidieren, was wir aufgebaut haben, und kreativ, optimistisch und realistisch in die Zukunft zu blicken. Zwanzig Jahre, nachdem in der kleinen Grenzstadt Maastricht die Unionsbürgerschaft ins Leben gerufen wurde, müssen wir dem Projekt Europa neue Impulse geben - nicht ohne unmittelbare Beteiligung unserer Bürger. Denn die Europäische Union gibt es dank ihrer Bürger und ausschließlich zu deren Nutzen. Unser geeinter Kontinent kann nur wachsen und gedeihen, wenn wir auf die Bürger hören und auf ihre Bedürfnisse eingehen. Völlig zu Recht erwarten die Menschen konkrete Ergebnisse von Europa, nicht nur Worte.

Als erstes für Unionsbürgerschaft zuständiges Kommissionsmitglied habe ich alles darangesetzt, konkrete Maßnahmen zu entwickeln, damit die Bürger im täglichen Leben etwas von ihren durch die EU eingeführten Rechten haben. Die EU-Kommission hat die Rechte der Opfer von Straftaten verbessert, den Zugang zum Gesundheitswesen anderer Länder vereinfacht und die Rechte der Verbraucher ausgebaut. Mehr als zwölf Millionen EU-Bürger leben in der EU bereits in einem anderen als ihrem Heimatland. Rund 40 Millionen Menschen kaufen online in anderen Ländern Europas ein. Und trotzdem müssen die Bürger immer noch manchmal Hindernisse überwinden, wenn sie ihre Rechte als Unionsbürger wahrnehmen wollen.

Das können wir ändern, und mit Ihrer Hilfe werden wir es ändern. In den nächsten drei Monaten wird die EU-Kommission Sie befragen, wie Sie über Ihre Rechte denken und wie die EU aussehen sollte, in der Sie leben möchten. Am morgigen Europatag leiten wir die größte öffentliche Befragung in der EU-Geschichte ein: Wir fragen die Bürger, was Brüssel ihrer Meinung nach für sie tun soll. Europa ist nicht Brüssel. Europa ist dort, wo Sie sind - in Wien oder Untersiebenbrunn. Auf welche Schwierigkeiten stoßen Sie? Wie können wir die Dinge konkret verbessern? Wie sollte Ihrer Meinung nach die EU 2020 aussehen?

Ihre Antworten und Ideen nimmt die EU-Kommission in ihren Bericht über die Unionsbürgerschaft nächstes Jahr auf. Sie können dabei sein. Schaffen wir ein echtes Europa ohne Grenzen und räumen wir die letzten Hindernisse aus dem Weg.