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Gesucht: Der gemeinsame Rüstungsmarkt

Von Georg Friesenbichler

Europaarchiv

Die europäische Waffenindustrie muss wettbewerbsfähiger werden. Diese Ansicht vertrat EU-Industriekommissar Günter Verheugen bei einer Konferenz zu Beginn des Monats in Brüssel. Basierend auf einem "Grünbuch" der Kommission vom September 2004 sollen im ersten Halbjahr 2005 erste Maßnahmen getätigt werden, um dieses Ziel zu erreichen.


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Bisher ist die europäische Rüstungsindustrie weitgehend vom freien Wettbewerb, etwa der Pflicht zu öffentlichen Ausschreibungen, ausgenommen. Daran soll sich auch nur wenig ändern.

"Die Verteidigungsmärkte waren für 40 Jahre geschlossen und wir müssen sehr vorsichtig mit ihrer schrittweisen Öffnung umgehen", meinte Kommissionssprecher Oliver Drewes. Dennoch drängt man auf eine allmähliche Liberalisierung, um der Zersplitterung in hochgeschützte nationale Märkte entgegenzuwirken. Denn diese kommt erstens teuer, und beeinträchtigt zweitens die Chancen auf dem internationalen Rüstungsmarkt, wo nicht nur die USA, sondern auch China, Indien und Japan als Konkurrenten bereit stehen.

Der Ausweg, den das Grünbuch vorschlägt: Einerseits die Bereinigung des existierenden Gesetzeswerkes, ohne die prinzipiellen Ausnahmen anzutasten, andererseits eine neue Richtlinie über "nicht-essentielle" militärische Ausrüstung. Bei letzterer könnte bedenkenloser liberalisiert werden, ohne die nationalen Empfindlichkeiten und Sicherheitssorgen zu verletzen.

Es gehe nicht darum, "die Vereinigten Staaten zu kopieren", erläutert die Kommission, sondern darum, die vorhandenen Ressourcen besser zu nutzen. Dies sei nur möglich, wenn die Ausrüstungsstandards harmonisiert würden und so ein gemeinsamer europäischer Markt geschaffen werde.

Nick Witney, Chef der 2004 gegründeten "European Defence Agency" (EDA), nennt als Beispiel die Anschaffung von gepanzerten Kampffahrzeugen, die in nächster Zeit in vielen Ländern anstehe. Er fürchtet ein halbes Dutzend unterschiedlicher Ausschreibungen, die jeweils auf die nationalen Rüstungsindustrien zugeschnitten sind. Zumindest in Teilbereichen sollte es hier Zusammenarbeit geben. Große Rüstungsfirmen könnten nämlich nicht mehr ausschließlich von den nationalen Verteidigungsbudgets leben, meint der Agentur-Direktor.

Mehr Forschungsgelder für militärische Entwicklung

Schon in der ersten Hälfte 2005 soll daher eine Reihe von Maßnahmen getroffen werden, um "einige Hindernisse in Handel und Produktion zu beseitigen", wie der Kommissionssprecher Gregor Kreuzhuber formulierte. Die Details werden aber erst ausgearbeitet.

In jedem Fall soll auch das Forschungsbudget auf dem Militärsektor erhöht werden. Das siebente Forschungsrahmenprogramm, das heuer erarbeitet werden soll, wird erstmals einen Anteil für diesen Bereich aufweisen, wobei auch verstärkt Synergien zwischen ziviler und militärischer Forschung genutzt werden sollen. Laut einer Mitteilung aus dem Jahr 2004 wird vorgeschlagen, der Verteidigungsforschung jährlich eine Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen.

Bei der Forschung sieht auch EDA-Chef Witney das Hauptmanko. Obwohl er sonst den Vergleich mit den USA nicht schätzt, zieht er ihn bei Forschung und Entwicklung doch: Die Amerikaner würden dafür fünf Mal so viel wie die Europäer aufwenden. Kommissar Verheugen hat jedenfalls schon angekündigt, dass das für die Verteidigungsforschung vorgesehene Budget bei den Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen 2007 bis 2013 nicht angetastet werden soll.