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Gesucht: Was fürs bürgerliche Gemüt

Von Walter Hämmerle

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Die Volkspartei hat - sieht man von Norbert Darabos ab - derzeit im innenpolitischen Geschäft nichts zu lachen. Den Schwarzen mangelt es an klarem Profil.


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Immerhin, es hätte auch schlechter kommen können. Noch schlechter genau genommen. Doch dank des bemerkenswerten Selbstfallers von Norbert Darabos in der Bundesheer-Debatte fallen zumindest ein paar versprengte Sonnenstrahlen auf die ÖVP, die derzeit auf Arbeitsklausur in Saalfelden weilt. Ansonsten hätten sich die Funktionäre allenfalls an Galgenhumor der Marke "Humor ist, wenn man trotzdem lacht" erfreuen können.

Seit etwas mehr als zwei Jahren ist Josef Pröll nun Obmann, doch von der Euphorie und Zuversicht, die seine Wahl damals begleiteten, ist heute nichts mehr zu spüren. Werner Faymanns SPÖ hat sich nicht als der erhoffte Jausengegner auf dem Weg zur Rückeroberung des Kanzleramts herausgestellt. Im Gegenteil: Im Wettrennen um die Schlagzeilen des kommenden Tages hat die SPÖ oft die Nase vorn.

Dass dies auch mit der nur als außerordentlich großzügig zu bewertenden finanziellen Dotierung der Boulevardmedien aus den der Kanzlerpartei zur Verfügung stehenden Budgettöpfen zu tun hat, steht außer Frage. Die Volkspartei würde es sich aber zu einfach machen, die Ursachen für ihr Tränental in den Umfragen nur an den Missetaten anderer festzumachen.

Tatsächlich, so hat man den Eindruck, fehlt der ÖVP ein durchgängiges strategisches Konzept für den Weg zurück zur Nummer eins. Und Pröll selbst gelingt es bis dato nicht, aus seiner Rolle als Finanzminister in turbulenten Zeiten einen Imagegewinn für die Innenpolitik zu generieren.

An der Kampagnenfähigkeit darf ebenfalls gezweifelt werden. Daran mögen die prekären Finanzen der Bundespartei mit schuld sein, jedenfalls schaffte die ÖVP es nicht, den diversen SPÖ-Initiativen - von den Steuerplänen unter dem Überbau "mehr Gerechtigkeit" über die Schule bis hin zur Wehrpflicht - medial etwas entgegenzusetzen. Einzige Ausnahme: Die Fax-Wahl zum ORF-Publikumsrat - genutzt hat den Schwarzen ihr überraschender Erfolg gegen die damals allzu siegesgewissen Roten bei der Schlacht um die Lufthoheit über dem Küniglberg allerdings nichts.

Natürlich ist es noch zu früh für Prognosen für die nächste Wahl, die turnusmäßig erst im Herbst 2013 ansteht. Doch soviel lässt sich bereits sagen: Die SPÖ hat ihre strategische Linie mit dem Gerechtigkeitsthema gefunden, sie wird davon nicht mehr ablassen.

Der ÖVP fehlt ein solcher roter Faden für ihre Regierungsarbeit. Es wird höchste Zeit, dass er gefunden wird. Mit reiner Sachpolitik - so eine solche denn endlich vonstatten gehen sollte - lassen sich keine Wahlen gewinnen. Dazu braucht es schon auch etwas fürs bürgerliche Gemüt. Aber was das sein könnte, darüber herrscht in der ÖVP derzeit noch Rätselraten.

Siehe auch:Schwung holen für den Aufschwung