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Gesunde Aussichten?

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.

Sektorenspezifische Investitionen sollten mit Weitblick getätigt werden.


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Beim Stichwort Pharmafirmen denken wahrscheinlich die meisten Menschen zunächst an die USA und dann an die Schweiz. Investoren, die sich für die Pharma-Branche interessieren, sollten jedoch zukünftige Trends nicht unterschätzen, die die Gesundheitsindustrie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten völlig umkrempeln werden.

"Die US-Pharmafirmen sind für den neuen Trend hin zur vermehrten Nutzung von Generika nicht gerüstet", bestätigt Michael Mullen, Geschäftsführer von Tarvos Capital Management, einer Investmentfirma, die sich mit Investitionen im US-Gesundheitssektor, vor allem Biotechnologie und Medizintechnik, beschäftigt.

Der branchenspezifische Nachrichtendienst Pharmawire schätzt, dass zwischen 2008 und 2012 die Pharmariesen weltweit insgesamt 114 Milliarden US-Dollar an Einnahmeverlusten durch abgelaufene Patente auf "Verkaufsschlager" haben werden. Die meisten dieser Patente werden und wurden von US-Firmen gehalten.

Diese Medikamente können dann andere Pharmafirmen billiger nachproduzieren. Europäische, vor allem aber asiatische Konzerne sind hier wesentlich besser gerüstet, denn diese haben sich schon vor langer Zeit auf die Generika-Schiene verlegt.

Für Investoren bedeutet dies, dass längerfristig gesehen die US-Pharmakonzerne weniger interessant sein könnten als etwa ihre asiatischen Pendants. Auch kurzfristig leidet der US-Gesundheitssektor unter der "ObamaCare", dem Gesundheitspaket des US-Präsidenten, von dem nicht alle überzeugt sind, dass es so funktionieren wird wie angekündigt, betont Mullen.

Also auf nach Asien? Insgesamt wird Anlegern derzeit geraten, ihr Portfolio durch Beimischung von Schwellenländern zu diversifizieren. Höheres Wachstum, geringere Staatsverschuldung und wachsende Binnennachfrage sind dort Treiber für höhere Erträge.

Demgegenüber stehen jedoch eine höhere Inflation, teilweise politische Instabilität, wenig Information und eine Tendenz der Investoren, diverse Regionen wie "Asien" als einen homogenen Markt zu sehen. So auch im Gesundheitsbereich, erläutert Marvin Ng von DN Venture Partners, einer Beraterfirma in Singapur. Europa habe ein sehr negatives Bild von der medizinischen Versorgung in Asien (ausgenommen Japan). Weniger bekannt ist aber, dass etwa eines der größten Krankenhäuser in Thailand, das Bumrungrad Hospital, eine Software zur Patientenverwaltung entwickelt hat, die 2008 von Microsoft gekauft wurde und nun weltweit verkauft wird. Überhaupt ist Thailand laut Ng eines jener asiatischen Länder, die vom Medizin-Tourismus leben.

In China wird unterdessen das Gesundheitssystem komplett modernisiert. Allein in den letzten Jahren wurden mehr als 1000 neue Spitäler gebaut. Der Staat hat eine Liste von 300 Medikamenten zusammengestellt, für die er aufkommt. So können die Preise gesteuert werden, und natürlich sind diese Medikamente fast nur solche, die von heimischen Pharmafirmen produziert werden. Und das so günstig, dass kaum ein Konkurrent mithalten kann. Zum Teil beinhaltet die Liste auch traditionelle chinesische Kräuter, die ausländische Pharmafirmen ebenfalls nicht auf den Markt bringen können.

Bei 1,4 Milliarden Chinesen die zwar immer älter werden, aber auch immer mehr Zivilisationskrankheiten aufweisen, ist das ein enormer Wachstumsmarkt. Vielleicht wird ja irgendwann der US-Pharmariese Pfizer in globalen Aktienindizes durch den chinesischen Impfstoffhersteller Sinovac ersetzt werden.

Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.