Beratung von außen wird oft beansprucht. | Bessere Qualität durch Wettbewerb. | Wien. In Österreich ist es ein Tabuthema: Die Privatisierung des Gesundheitswesens. "Davon halte ich gar nichts", sagte Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky gegenüber der "Wiener Zeitung". Private könnten eine vollständige Gesundheitsversorgung nicht garantieren. "Eine vollständige Privatisierung gefährdet den Versorgungsauftrag", so Kdolsky. Dennoch mischen in dem größten noch nicht privatisierten Bereich Österreichs bereits eine Menge Private mit. "In öffentlichen Krankenhäusern ist es mittlerweile gang und gäbe, bei Personalfragen, Standortstudien oder Managementfragen private Berater heran zu ziehen", weiß Bernhard Rupp, der Leiter des Gesundheitswesens in der Arbeiterkammer Niederösterreich. Auch längerfristige Kooperationen von öffentlichen Spitälern mit Privaten in Form von Public Private Partnerships (PPPs) sind durchaus keine Seltenheit mehr. Ein Beispiel ist das Krankenhaus Klosterneuburg. Seit rund einem halben Jahr wird das Gemeindekrankenhaus von den Firmen HCC und Humanomed gemanaget. Dadurch erhofft man sich, bis 2008 1,1 Millionen Euro zu sparen.
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Sind Private also besser beim Betrieb und Management von Krankenhäusern als der Staat?
"Genauso effizient"
Wilhelm Marhold, der Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes, weist das zurück: "Öffentliche Krankenanstalten wirtschaften genauso effizient wie private." Wie Kdolsky sieht Marhold den Versorgungsauftrag gefährdet, wenn die öffentliche Hand im Gesundheitsbereich durch Private zurückgedrängt wird. Denn "Private bieten bestimmte Leistungen nicht an, wenn sie zu kostenintensiv sind". Dennoch warnt er: "Es ist falsch zu sagen, dass privates oder öffentliches Management schlecht ist." Wichtig für ein funktionierendes Gesundheitssystem sei, dass beide Formen kooperieren.
Auch wenn Kdolsky und Marhold einstimmig behaupten, dass der Staat im Gesundheitsbereich genauso effizient wirtschaftet wie die Privaten, gibt es Argumente dagegen. "In der Privatwirtschaft gibt es Wettbewerb und den Druck, Gewinn zu machen", erklärt Rupp. Einsparungspotenziale zu nutzen, ist überlebensnotwendig. Wolfgang Schidrich, Leiter der Chirurgie an der Privatklinik Confraternität in Wien, formuliert es so: "Private haben eine große Verantwortung. Wenn sie nicht gescheit wirtschaften, gehen sie pleite, was bei öffentlichen Spitälern nicht der Fall ist." Der Arzt bemängelt, dass die Misswirtschaft in öffentlichen Spitälern im Endeffekt den Steuerzahler trifft. "In öffentlichen Spitälern wird auch sicher mehr angeschafft als in privaten. Es ist mehr Geld da", weiß Schidrich. Gerade im Bereich der Medizintechnologie könnten finanzielle Mittel leicht verschleudert werden. Private würden erst dann Geräte anschaffen, wenn diese auch wirklich "notwendig" sind. Dabei gesteht Schidrich aber, dass das Verständnis von "notwendigen Geräten" nicht immer dasselbe ist. Dennoch liegt die Entscheidung darüber letztendlich bei der Betriebsführung, selbst wenn die Ärzte anderer Meinung sind.
Genau das kritisiert Brigitte Adler, Betriebsrätin im Krankenhaus Klosterneuburg. "Unsere Mitarbeiter sind unglücklich, weil sie in die Entscheidungen nicht eingebunden werden", meint Adler kritisch in Richtung Humanomed. Die Betriebsrätin bemängelt, dass die Einsparungen durch die private Führung auf Kosten des Personals gingen. Der Geschäftsführer von Humanomed, Julian Hadschieff, kontert, dass es in erster Linie um den Patienten ginge. Durch eine Leistungsausweitung und einen verbesserten Ressourceneinsatz soll Klosterneuburg zu einem Vorzeigemodell für andere Krankenhäuser werden. Hadschieff will verstärkt mit anderen Kliniken kooperieren, neue Bereiche als Tageskliniken einbinden und einzelne Sektoren neu strukturieren.
Regeln weniger streng
Umstrukturierungen und Änderungen fallen Privaten grundsätzlich leichter. "Sie können schneller agieren, ihr Handlungsspielraum ist größer", meint Rupp. Beispielsweise im Vergaberecht sind die Regeln weniger streng als für den Staat. Dennoch ist Rupp überzeugt, dass "Manager von Landes- oder Gemeindekrankenhäusern es mindestens genauso gut können wie Private". Bei der Finanzierung hätte die öffentliche Hand gute Karten, da ihre Bonität niedrige Finanzierungskosten ermöglicht. Öffentliche Anstalten steigen auch günstiger bei der Anschaffung von Geräten aus, ist Rupp überzeugt. Schließlich kaufen sie in großen Mengen. Dass Private grundsätzlich besser über Preise verhandeln können, würde diesen Vorteil des Staates nicht wettmachen.
Für Rupp ist der Staat deshalb eine "sichere Bank und kann Projekte im Gesundheitsbereich viel verlässlicher durchführen". Private seien hingegen deutlich mehr Risiko ausgesetzt. Außerdem können durch die öffentliche Hand allfällige Überschüsse reinvestiert werden, während private Spitäler ihren Gewinn hüten müssten.
Mehr Transparenz
Trotzdem findet Rupp, dass auch der Staat Wettbewerb im Gesundheitswesen braucht. Er fordert, dass die Mittel für öffentliche Spitäler nach Qualitätskriterien verteilt werden: Je besser ein Krankenhaus, desto mehr Geld. Die Gesundheitsministerin hält Wettbewerb zwar auch für wichtig, betont jedoch, dass dieser "nicht wirtschaftlich" sein darf. Was das heißen soll? "Der Qualitätsanspruch soll wachsen", so Kdolsky. Wettbewerb dürfe aber nicht die Gemeinnützigkeit zurückdrängen. Diese steht für den Staat im Gesundheitsbereich an oberster Stelle. Auch Transparenz sei wichtig. Diese vermisst Rupp noch: "Versuchen Sie einmal, herauszufinden, welcher Arzt der beste auf einem bestimmten Gebiet ist. Sie erhalten keine Auskunft."