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Gesundheits-Projekt Österreich

Von Ernest G. Pichlbauer

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Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.

Die Rede des Vizekanzlers war doch nur tagespolitische Show. Ernsthaft angegangen wird nichts - das könnte ja Konflikte schaffen.


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Die Quasi-Rede zur Lage der Nation von Vizekanzler Josef Pröll vom Mittwoch hat zur Gesundheit nicht viel und nichts Neues gebracht. Finanzierung aus einer Hand - äh, Topf, heißt das jetzt - und Stärkung des Hausarztes. Beides seit vielen, vielen Jahren in Regierungsprogrammen nachzulesen und sogar in Gesetzen verewigt. Einzig Realität wurde es bisher nicht.

Warum das so ist, ist auch schon längst bekannt. Wenn man nicht ernsthafte Sanktionen androht, fühlen sich Sozialpartner und Länder nicht einmal ansatzweise gemüßigt, Gesetze zu befolgen. Ich habe mich daher veranlasst gefühlt, eine Rede zu schreiben, wie ich sie gerne hören würde.

Liebe Österreicher! Auch wenn so wenig Transparenz herrscht, dass wir es nicht wissen, können wir trotzdem froh sein, dass die medizinische und pflegerische Versorgung in Österreich gut zu sein scheint. Allerdings ist das schon lange nicht mehr das Verdienst derer, die das System organisieren sollten. Längst lebt die Versorgung von der Zivilcourage tausender Ärzte und Pflegekräfte, die sich mehr um Patienten kümmern als um das System und bereit sind, dieses zum Wohle der Patienten zu unterwandern.

Das Gesundheitssystem ist ein sehr teurer Hemmschuh geworden. Seit 40 Jahren legen sich nun Sozialpartner und Länder gegen jede Reform, die diesen Namen verdient, quer. Das kostet Jahr für Jahr hunderte Millionen Euro.

Jetzt drohen massive Einschnitte und die Erhöhung von Selbstbehalten - das werde ich nicht dulden. Ich gebe daher den Sozialpartnern und Ländern ein Jahr Zeit, eine Reform zustande zu bringen, an deren Ende ein integriertes Gesundheitssystem, das Prävention, Akutbehandlung, Rehabilitation, Pflege und Palliativversorgung beinhaltet, stehen muss.

Parallel dazu habe ich im Finanzministerium eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die ausrechnet, wie viel Bundessteuergeld - direkt oder indirekt, sei es über Finanzausgleich, Defizitdeckung der Pensionsversicherung für Rehabilitation, Hebesätze für Pensionisten bei den Kassen, klinischer Mehraufwand oder ähnliches - ins Gesundheitssystem fließt. Diese Arbeitsgruppe wird eine Steuerreform vorbereiten, die die gesamten Mittel aus diesen Bereichen umfasst.

Wenn keine Gesundheitsreform zustande kommt, werde ich 2013 der Bevölkerung mit einer großen Steuerreform ihr Geld zurückgeben. Einzig die aufgelaufenen Schulden der Krankenkassen sollen vom Budget übernommen werden.

Gleichzeitig werde ich den Ländern und Gemeinden Steuerhoheit geben, damit sie für die Gesundheits- und Pflegeversorgung selbst Steuern von ihrer Bevölkerung einheben können und sich auch vor ihr rechtfertigen müssen.

Gleiches gilt für die Kassen, die erhalten ebenfalls Einnahmenhoheit. Allerdings würde die Pflichtversicherung, die jeden Österreicher in eine Krankenkasse zwingt, in eine Versicherungspflicht umgewandelt werden, damit jede einzelne Bürgerin und jeder einzelne Bürger selbst entscheiden kann, wo er oder sie versichert sein will.

Wenn Sozialpartner und Länder weiter jede sinnvolle Entwicklung blockieren, dann werde ich nicht zögern, das umzusetzen - auch wenn mir klar ist, dass damit kein Stein auf dem anderen bleibt und ich jede zukünftige Wahl verlieren werde. Es ist aber an der Zeit, dass auch Länder und Sozialpartner erkennen, dass das Gesundheitssystem der Bevölkerung gehört und nicht den agierenden Interessensgruppen - wie mächtig diese auch immer sein wollen.