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Gesundheitskompetenz ist Selbstfürsorge

Von Bettina T. Resl

Gastkommentare
Bettina T. Resl ist Beiratsmitglied im Karl Landsteiner Institut für Human Resources and Human Factors im Gesundheitswesen.
© Günter Freund

Mildere Beschwerden selbst zu behandeln, hilft auch dem Gesundheitssystem.


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Wissen ist Macht - das gilt auch für unser persönliches Wohlbefinden. Das Verständnis von Körper und Gesundheit ist entscheidend für unsere eigene Pflege und Selbstfürsorge. Die Erhöhung der Gesundheitskompetenz müssen private und öffentliche Einrichtungen auf institutioneller, industrieller, akademischer und individueller Basis verfolgen, um ihre enormen Vorteile zu nutzen.

Was bedeutet es also, die Gesundheitskompetenz zu verbessern? Im Großen und Ganzen fördert es die Gesundheit zukünftiger Generationen, senkt die Kosten im Gesundheitssystem, schafft Immunität gegen Fehlinformationen und erhöht die individuelle Lebensqualität. Die internationale Global Selfcare Federation (GSCF) empfiehlt, dass der Schwerpunkt darauf gelegt werden sollte, die Menschen im Entscheidungsprozess und damit in ihrem Selbstwertgefühl zu stärken, indem sie sich für Prävention und Wohlbefinden einsetzen. Dies hat weitreichende sozioökonomische und persönliche Vorteile:

Derzeit werden in Europa jährlich 1,2 Milliarden Fälle von milderen Beschwerden wie Husten, Schnupfen, Heiserkeit oder auch Regelschmerzen selbst behandelt, was zu Einsparungen von etwa 23,3 Milliarden Euro pro Jahr an medizinischen Leistungen und etwa 10,4 Milliarden Euro pro Jahr an Produktivitätsstunden führt, wie die Europäische Organisation für Selbstfürsorge (AESGP) im Jahr 2021 errechnet hat.

Weitere 17,6 Milliarden Euro pro Jahr könnten freigesetzt werden, wenn bis zu 25 Prozent der Hausarztbesuche durch Selbstmanagement der Selbstversorgung ersetzt würden.

Neben den monetären Effekten erhöht sich der Gewinn an Lebensqualität durch Selbstfürsorge und Gesundheitskompetenz um geschätzte 5 bis 9 Millionen Qualitätskorrigierte Lebensjahre.

45,6 Milliarden Euro können in Zukunft durch Kostendämpfung durch Self-Care als erste Behandlungsoption erwirtschaftet werden, wie die GSCF heuer in einer Studie festgestellt hat.

Wie also fördern wir Gesundheitskompetenz und ermöglichen Selbstfürsorge in Zeiten angespannter (Gesundheits-)Budgets? Es müssen angemessene Richtlinien vorhanden sein, um Bildung von einem frühen Alter an zu gewährleisten, etablierte Positionen von Gesundheitsdienstleistern und der Apothekerschaft zu stärken und die Unterstützung von Daten und digitalen Technologien im Gesundheitswesen zu nutzen. Insbesondere Corona hat die Notwendigkeit einer starken Gesundheits- und Selbstversorgungskompetenz gezeigt, um nicht nur die persönliche Gesundheit zu schützen, sondern auch verantwortungsvoll mit den uns zur Verfügung stehenden Gesundheitsressourcen umzugehen und so die Sicherheit und Qualität der Versorgung der breiteren Gemeinschaft zu verbessern.

Um langfristig auch chronischen Erkrankungen vorzubeugen und sie frühzeitig zu erkennen, bedarf es natürlich weiterhin regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen, die in Österreich ab dem 18. Lebensjahr kostenlos sind. Laut einer Studie der Sozialversicherung aus dem Jahr 2018 nehmen allerdings nur knapp 14 Prozent dieses Angebot wahr. Auch hier gibt es wohl einen gesteigerten Bedarf an Information und Aufklärung sowie Motivation und Anreizschaffung.